Essen, trinken, schlafen gehen – Genüsslich verirren im Sulmtal

Sulmtal Piaggio MP3 500 ie mipiace.at Copyright Homolka

Das Ziel war klar, es galt das Sulmtal auf seine Tauglichkeit als Genussziel abzuklopfen. Und dabei auch gleich dem Sulmtaler Huhn auf die Spur zu kommen, wenn sogar Sisi das Fleisch des Vogels, und zwar als einzige tierische Nahrung, schätzte, dann muss der schon was besonderes sein.

Schwieriger, als das Ziel zu benennen, war hingegen die Wahl des Fahrzeugs, Petrus scheint sich ja im Sommer 2016 vor Schadenfreude kaum halten zu können, egal auf welches Wetter man sich einstellt, es kommt sicher anderes. Oder gleich jede mögliche Kombination von hohen und tiefen Temperaturen, verschiedensten Arten von Niederschlag, das volle Programm. Aber Auto? Im Juli? Nicht mit mir!

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Erfreulicher Weise teilt die beste aller Soziae meine masochistische Neigung, wenn auch durch weibliche Vernunft gemildert. „Warum nehmen wir nicht einfach die MP 3? Da muss ich mich nicht ins Leder zwängen, kann meine Vivienne Westwood Garderobe unter der Sitzbank verstauen, was du unbedingt brauchst passt doch locker in den Rucksack!“ Wo sie recht hat hat sie recht, für drei Tage in der Südsteiermark braucht´s nicht viel, und am Roller ist man auch in Jeans und Haferlschuhen korrekt gekleidet. Ein guter Grund also, die Piaggio mit den drei Rädern zu wählen.

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Wie klug die Entscheidung war zeigte sich bereits am Wechsel, die Temperaturanzeige wies 13 Grad aus, sowohl für Fahrbahn als auch die Umgebungsluft. Recht streng für Ende Juli, auch wenn es schon nach sieben Uhr und im, na ja, Gebirge war.

Und damit es sich auch wirklich nach Sommerurlaub anfühlt, ergänzt durch unterschiedlich starken Regen und damit einhergehend nasser Fahrbahn. Da werden die Markierungen am Boden, die einem eigentlich den richtigen Weg weisen sollen, zu witzigen Schleuderplatten, anderswo haben sie die schon längst mit griffigerer Farbe auf den Asphalt gepinselt. Egal, die kleinen Rutscher können einen auf der MP 3 nicht aus der Ruhe bringen, die beiden Vorderräder verlieren nicht so schnell die Fassung beziehungsweise Haftung. Noch zwei Gründe für die Piaggio!

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Ein weiterer wäre der drehmomentstarke 500 Kubik Einzylinder, der schiebt auch die volle Kutsche souverän über den Pass, im Windschatten der Freitag Abends heimrasenden Monteurs Kastenwagen ist man im Nu und ohne Mühe in Graz, neuer Kurs Süd, noch zwanzig Kilometer Autobahn durch die weite Ebene der Mur und dann, endlich, auf die Landstraße.

Ziemlich finster ist´s, im Tal der Sulm, die Hügel rundum nicht hoch, doch bewaldet, da kommt nicht mehr viel Licht vom bewölkten Himmel durch. Dann, endlich, bei der Kapelle in Freising geht´s nicht nur wieder mal nach Einöd, haben wir schon öfter gesehen, aber wer fährt dort schon freiwillig hin. Nein, auch zur Sausaler Weinstraße wird man hier nach rechts gewiesen, und nach Kitzeck, drei Kilometer sind es nur noch, Endspurt, die vierzig Pferdestärken und die frisch asphaltierten Serpentinen machen nach der langen Reise wieder munter.

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Und erst der Blick, als wir den Ort erreichen! Der liegt oben am Höhenzug, links geht der Blick weit nach Osten ins Vulkanland, geradeaus markiert die Koralm unter einem sattblauen, sich langsam in die Nacht verabschiedenden Himmel majestätisch den Horizont. Drei kurze Töne bestätigen die erfolgte Arretierung der Vorderachse, schon öffnet sich die Türe des Weinhof Kappel, „Sie kennan jetzt sicher wos woames zu Essen vertragen“ erkennt die Chefin empathisch, danke, gerne. Unsere erste Begegnung mit einem Sulmtaler Henderl verläuft daraufhin zur vollsten Zufriedenheit, unserer natürlich.

Am nächsten Morgen weckt uns das Gezwitscher der Schwalben, hektisch im Zick-Zack durch die atemberaubende Aussicht auf Sulmtal und Lavanttaler Alpen fliegend fangen sie sich ihr Frühstück aus der Luft. Uns geht es da eindeutig besser, es wartet ein üppiges Buffet, alles aus der Region, die 23 Marmeladen sowieso, die hat Helene Kappel alle selbst gemacht. Das Obst pflücken sie entweder selber direkt vor der Tür oder die Nachbarn bringen es ihr, selbst Khaki und Kiwi findet man hier.

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Und Nachmittags, wenn Chef und Gatte Dietmar gerade nicht dort werkt, darf sie in die Küche. Gottseidank! Überhaupt scheinen wir im Paradies angekommen zu sein, kein Wunder also, dass sich schon seit der Steinzeit Menschen hier angesiedelt haben und in der Eisenzeit zur Hochkultur aufliefen. Wenn man Weiß, wonach man Ausschau zu halten hat kann man die Tumuli der Fürstengräber unten im Tal ausmachen, um Grossklein zu finden braucht es kein besonderes Talent, das Hallstattzeitliche Museum dort ist unser erstes Ziel heute.

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Die Anreise mit dem MP 3 ist der reinste Genuss, schnell ins Tal gewedelt und schwungvoll zwischen den Feldern durch, wär´s nicht so mühelos könnte man es als Morgensport durchgehen lassen. Im Museum begrüßt Kustodin Susanne Niebler die verblüfften Besucher, Fundstücke solcher Güte hätte man sich hier gar nicht erwartet. Vor Allem die Bronzemaske hat es uns angetan, erinnert sie doch an jene des Agamemnon, nur dass die halt aus Gold und noch 1000 Jahre älter ist, anscheinend haben die Menschen hier immer schon zu Bescheidenheit geneigt.

Thomas Hartlieb empfängt uns in seiner Ölmühle in Heimschuh, das mächtige alte Haus lässt einen verstehen, dass die Müller am Unterlauf eines Flusses zu allen Zeiten eher selten Hunger litten, trotzdem ist von den einst acht Mühlen im Ort nur noch diese eine in Betrieb. Thomas Hartlieb tut zwar so, als wäre dies reiner Zufall, doch die Qualität seiner Produkte, das reichhaltige lokale Angebot des Shops und ein liebevoll gestaltetes Museum beweisen, dass offensichtlich schon auch konsequente Arbeit und Schläue mitverantwortlich waren.

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Wohl auch Zutaten im Rezept von Hannes Harkamp, der mit seiner Frau die alte Villa Hollerbrand mit dem angeschlossenen Felsenkeller unter dem Schloss Seggau in eine feine Sektkellerei verwandelt hat. Ihren Stammsitz und einen Großteil ihrer Rieden haben die Harkamps oben am Flammberg bei St. Nikolai, aus dem einstigen Wirtshaus und Buschenschankbetrieb ist mittlerweile ein fantastisches Weinberghotel geworden, geführt von Bruder Heinz, unter tatkräftiger Mithilfe der Frau Mama.

Die empfängt uns auch gleich ganz herzlich, führt durch das gekonnt modernisierte Haus, zeigt sich auch mit dem ultramodernen Zubau und der gleichfalls futuristischen Hochzeitskapelle zufrieden. Und ist immer noch ein wenig überrascht, dass die beiden Buben tatsächlich den Betrieb übernommen haben. Dafür vorgesehen war eigentlich Hannes, der ältere, doch der wollte ja unbedingt Wein machen, und Hannes zog es in die Ferne, immerhin als Koch.

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Erst, als die Alten einen Pächter suchten wurde er sesshaft, hat sich zu Hause eine Haube erkocht, das Weingartenhotel überdies zur gefragtetesten Hochzeitslocation weit und breit gemacht. Kein Wunder, bei der Lage, während weit hinten über der Koralm langsam die Sonne versinkt genießen wir die Stimmung, ein paar Köstlichkeiten aus der Küche und kosten uns durch die Weinkarte.

Die Heimreise war spannend, ersten sind wir drei mal, aus verschiedenen Richtungen kommend durch St. Nikolai und an der Whisky Destillerie von Michael Weutz vorbei gefahren, obwohl wir immer wieder den weithin sichtbaren Kirchturm von Kitzeck als Leuchtturm und Orientierung herangezogen hatten. Außerdem sah ich mich gezwungen, die beste Sozia von Allen um ihre Unterstützung zu bitten. „Magst nicht besser du fahren?“ Das letzte Achterl, sie verstehen.

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Können tut sie´s, fährt sie doch selbst täglich Vespa, „aber darf ich denn das überhaupt?“ Verständlich, ihre Skepsis, 500 Kubikzentimeter und über 40 PS sind ihr als Besitzerin eines 125er Führerscheins ja eigentlich vorenthalten, doch der MP 3 macht eine Lücke im Kraftfahrgesetz zur willkommenen Brücke, dank breiterer Spur an der Vorderachse gilt er irgendwie auch als Auto, also reicht der B-Schein um sich legal als Easy Rider betätigen zu dürfen. Wieder ein guter Grund sich diese Piaggio genauer anzuschauen also! Soweit ich das beurteilen kann sind ihre Fahrkünste ganz ausgezeichnet, besser jedenfalls als meine Orientierung in jener Nacht, wohlbehalten liefen wir im Licht des Vollmondes in Kitzeck ein.

Was wir aber wieder nicht geschafft haben ist, das echte Sulmtaler Huhn aufzustöbern. Immerhin konnten wir in Erfahrung bringen, dass es sich dabei nicht einfach nur um ein Huhn aus dem Sulmtal handelt, so, wie ja auch nicht jeder Motorroller eine Vespa ist, nur weil die meisten Menschen sich das Nachdenken ersparen wollen, sondern etwas ganz besonderes.

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Man schmeckt das gleich, anständig zubereitete Exemplare konnten wir ja schon kennenlernen, doch nun wird´s langsam Zeit. Wir erkundigen uns nach den Lieferanten des Weinhofes und machen uns auf den Weg. Unsere Taktik haben wir geändert, lassen uns vom MP 3 herumchauffieren, wenn´s uns wo gefällt bleiben wir ein bisschen, und erkundigen uns bei den Leuten was denn von unserer Liste in der Nähe wäre. Als erstes sticht uns gleich mal die Buschenschank Warga-Hack ins Auge, das satte Dottergelb der Fassade kann man einfach nicht übersehen.

Aus dem geduckt am Wegesrand lauernden alten Hof dringt hinterlistig das Aroma frischen Bratens, „woiz a Brüstl vom Woazschwein“ lässt der Wirt die Falle zuschnappen. Die zustimmende Antwort erfolgt unwillkürlich, da kann man nichts dagegen machen, als Aperitif bekommen wir einen zum Wermut veredelten Weißen, das Kraut ist genau so biologisch im eigenen Garten angebaut wie der vollauf überzeugende Wein.

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Weiter geht´s, praktischer Weise liegt nur wenig unterhalb am nächsten Bühel der Hof von Seppi Fischer, er bewohnt ihn gemeinsam mit der Familie und einer Schaar glücklicher Kühe, die sich ausschließlich von feinstem, speziell getrocknetem Heu voller Kräutern ernähren. Wir wedeln weiter, unausweichlich passieren wir nach etlichen Genusskilometern durch die extrem dreidimensionale Landschaft die uns ach so bekannte Kreuzung bei der Hubertuskapelle, schön langsam kennen wir uns aus. Oder doch nicht?

Also fragen, die nächste Buschenschank bietet sich an, diesmal die der Familie Schauer, wegen dem Wein kommen wir sicher später noch mal vorbei, der ist wirklich ganz vorzüglich. Aber wo ist er das hier denn nicht? Und ja, die Richtung stimmt, immer weiter, Steinriegel, Gaißriegel, Kalkriegel und Breitriegel, dann nur noch nach Höch runter und Fantsch neben St. Andrä finden. Das klingt jetzt schwieriger als es ist, seit wir unser natürliches Navi mit Morillon betreiben haben wir uns nicht mehr verirrt, sie haben ihr Ziel erreicht, würde jetzt die Stimme mit den deutschen Akzent im Auto sagen, uns genügt das glückliche Gackern dicker Hühner.

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Gertrude Strohmeier, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Sulmtaler Huhn vor dem Aussterben zu bewahren steht schon vor dem Hof, mit einem engagierten „na wo sein denn meine Buabalen“ versucht sie die ob der sengenden Nachmittagssonne etwas trägen Hähne zum Krähen zu ermuntern. Was sie schließlich auch pflichtbewusst tun, stolz recken sie die Hälse, vor allem Hansi, der ist hier der Chef, lässt das auch jeden hören. Ist allerdings weit entfernt, vom Rennomiergehabe geschlechtsreifer Hähne, die nicht auf der Strohmeierschen Spezialdiät sind, die reagieren nämlich ausgesprochen zornig auf Konkurrenz.

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Wodurch das 2007 vorgestellte Projekt, die alte Rasse, die dem Bresse Huhn in Nichts nachsteht, wieder zum Leben zu erwecken. Das Problem wäre einfach zu lösen, Kastration dämpft die Aggressionen, die ist aber in Österreich, als einzigem europäischen Land, nur unter Narkose erlaubt. Leider überleben die nur neun von zehn Patienten, keine Alternative also. Im Gegensatz zu einer natürlichen Mischung von Rotklee und anderen Kräutern, die wachsen alle hier in der Gegend, entweder gleich auf der Wiese oder die Strohmaiers gehen sie halt pflücken. Was, zusammen mit dem etwa viermal so langen Heranwachsen der Tiere zum Schlachtgewicht, nun mal seinen Preis hat. Der ist aber mehr als gerechtfertigt, trotzdem sind die Strohmeiers mittlerweile die letzten Züchter, grotesk eigentlich, das ausgerechnet das Kastrationsverbot dazu führt, dass die Rasse, gäbe es die Strohmeiers nicht, schon ausgestorben wäre.

Mission accomplished, Sulmtaler Huhn gefunden, wir können uns also entspannt dem Süßen Nichtstun widmen.

Könnten, gäbe es da nicht plötzlich ein kleines Problem. Die beste Sozia von Allen will partout nicht hinten sitzen, zu verlockend sind die schönen Straßen, das Verirren mit dem Roller hat Suchtpotential. Idealer Weise sollten wir also nun ein zweites Gerät organisieren, nur wo?

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Nun, Vespa Hütter in Graz bietet sich an, sind ja nur ein paar Kilometer durch die weite deutschlandsberger Caldera. Kaum in der Wiener Straße angekommen entdeckt die Liebste allerdings ein Angebot, das sie kaum ablehnen kann. Steht doch da glatt eine Piaggio MP3 in der Business Ausführung, die würde ihr ohnehin besser gefallen, meint sie, an der ein interessanter Preiszettel prangt. Ganze 1500 Euro weniger wären zu zahlen, wenn man, pardon, frau, jetzt gleich zugriffe. „Ist doch super“, versucht sie mich zu überzeugen, „da muss ich nicht versuchen, dir mit einer 125er nachzukommen, und den A-Schein erspar ich mir einstweilen einfach!“ Ob sie es gewagt hat? Das erfahren Sie demnächst hier!

 

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