Piaggio Beverly 350 – Blitzschneller Genuss

Piaggio Beverly 350

Will man sicher stellen, dass ich eine Veranstaltung besuche, muss nur eines garantiert sein: Genuss! Und schöne Landschaft mit vielen Kurven am Weg. Beides war garantiert, als mich die liebe Michaela ins Salzburger Land rief, es galt das zweite Festival der Alpinen Küche zu besuchen. Da muss ich gar nicht lange überlegen, rauf auf´s Bike und ab in die Alpen. Wobei mich der Ruf diesmal in Athen ereilte, wohin ich mich vorsichtshalber schon rechtzeitig vor dem nahenden Herbst in Sicherheit gebracht hatte. Und zwar mit dem Motorrad , weswegen ich nun wohl oder übel auf den Roller zurückgreifen musste. Vielleicht nicht die erste Wahl für die Langstrecke und Alpenpässe, doch was soll´s, mal schaun, wie´s geht.

Piaggio Beverly 350

Die motorischen Voraussetzungen sind schon mal nicht schlecht, immerhin bringt die neue Beverly 350 Tourer gute 9 PS mehr auf die Straße als die 300er, das Fahrwerk war auch schon bei dieser in Ordnung, wurde aber noch mal verfeinert. Die Sitzposition auf der Beverly ist sowieso selbst für den groß gewachsenen Genießer mehr als zufriedenstellend, für´s Gepäck wäre eigentlich das serienmäßige Topcase zuständig, wir haben´s im Sinne sportlicherer Optik abmontiert. Das schwere Gepäck inclusive Fotoausrüstung und Regenjacke passt sowieso unter die Sitzbank, die Wäsche reist im Rucksack – tutto a posto!

Piaggio Beverly 350

Aus sentimentalen Gründen nahm ich die Route vom Traunsee über Ischl, Wolfgang- und Fuschlsee nach Salzburg, wo ich schnell noch die Jubiläumsausstellung der Salzburger Festspiele mitnahm. Die Salzkammergut Bundesstraße war an diesem Samstag – wie früher üblich – dank einer Mischung aus lokalem Einkaufs- und überregionalem Kurztourismus dicht befahren. Und weil die Ausflügler halt gerne die Landschaft aus dem Automobil gründlich besichtigen, gestaltete sich der Verkehr eher zäh. Womit ich gleich mal einen der Vorzüge der Piaggio Beverly 350 ausspielen konnte, die überzeugende Überholkompetenz.

Piaggio Beverly 350

Kurz mal am rechten Griff gedreht und die Sache ist erledigt! Und die Überholten reagieren eher überrascht als grantig, wie ich es vom „echten“ Motorrad gewohnt bin. Dazu noch der Vorteil der Automatik, kein Schaltruckeln, so reist man ausgesprochen komfortabel. Und erst in Salzburg, wo man im Auto quasi jederzeit im Stau steckt, nichts davon, ruck zuck stehe ich vor dem Salzburg Museum, rasch ist der Roller am eigentlich nur für Anrainer zugänglichen Mozartplatz versteckt und ich gebe mich der glorreichen Geschichte dieser „deutschen Festspiele zu Salzburg„, wie Hoffmannstal sie nannte, die laut Max Reinhardt „geistlich und sittlich segensreiche Eindrücke feierlicher Art“ vermitteln sollen, hin.

Salzburger Festspiele

Natürlich stellt die Kultur diesmal nur das Amuse Gueule der Reise dar, Alpine Küche ist  schließlich das Ziel der Reise, also geht´s gleich weiter zu Andreas Döllerer in Golling. Der hat nämlich das Wirtshaus der Familie ins Pflichtprogramm seriöser Genießer gekocht, und mit seinem Buch „Cuisine Alpine“ nicht nur eine profunde Anleitung, sondern der Sache auch gleich einen klingenden Titel gegeben. Was sich dahinter verbirgt, darf ich schon erforschen, während die restlichen Teilnehmer der Reise noch unterwegs sind, dank der Piaggio Beverly 350 bin ich nicht nur schneller in Golling, als der Rest der Gang, im Gegensatz zu diesen kann ich auch direkt vor Döllerers Genusswelt parken und muss mein Fahrzeug nicht ausserhalb der Innenstadt mit ihrer Kurzparkzone verstauen.

Döllerer

Das abendliche Menü kommt als Wanderkarte daher, „Göllüberquerung“ ist das Thema, fast alle Produzenten der Rohstoffe kommen aus jenem Tal, welches zum Hohen Göll hinaufführt. Und so treffen sich Saibling, Zackelschaf und Rind am Teller mit Fichtenessig, Zirbenaioli, Tannennadelstaub und Bergwacholderpesto, sogar die Garnele kommt vom Berg, wenn auch von der anderen Seite der Grenze. Nur der Kaviar stammt aus dem Flachgau, von Walter Grüll nämlich, der seine Störe im Almkanal hält, aber auch den haben die Kurfürsten ja einst anlegen lassen, um ihre Residenzstadt mit frischem Wasser aus den Bergen zu versorgen.

Cuisine alpine

Anderntags muss das Frühstück in der eigenen Metzgerei leider entfallen, am Zellersee wartet ein Rosenfrühstück am Schiff auf uns. Und wieder habe ich leichtes Spiel, dank Einspurigkeit werde ich mir im engen Salzachtal Zeit hinter Bussen und LKWs sparen. Deswegen gönne ich mir auch die kurvenreiche Route vom Pass Lueg nach Werfen auf der Bundesstraße, die Autobahn nehme ich erst nach diesem Erweckungserlebnis.

Piaggio Beverly 350

Wieder kann die Piaggio Beverly 350 ihre Stärken ausspielen, im Vergleich zu meinem großen Bike geht mir nichts ab, vehemente Beschleunigung, energische Bremsleistung, ein spursicheres Fahrwerk ohne Tadel. Nur den Knieschluss vermisse ich manchmal, so sportlich wie man mit der 350er unterwegs ist wäre der beim Drücken in engen Kurven durchaus willkommen.

Schmittenhöhe

Nach dem Frühstück wandern wir hoch in Richtung Schmittenhöhebahn, anstrengend, nächstes mal nehm ich die Beverly. Zum Mittagessen erwarten uns Flo und Hannah, sie haben in Florians Elternhaus, dem Landhotel Martha, ein Restaurant eröffnet, in dem sie sich – no na – der regionalen und ergo alpinen Küche auf höchstem Niveau widmen. Wobei regional fast schon übertrieben ist, Fleisch, Milch und Käse sowie einige weitere Produkte beziehen sie vom Augut gleich nebenan.

Zell am See

 Später wird uns dort der Pichler Josef erzählen, wie er den Job bei den Bergbahnen an den Nagel gehängt und unter tatkräftiger Mithilfe seiner Familie die Landwirtschaft wieder zum Vollerwerbsbetrieb ausgebaut hat. Mit der Molke aus der Käserei füttert er im Sommer Schweine, welche den durch die auf der Alm stehenden Platz im Stall nutzen. Die Produkte der Pichlers gibt´s im Hofladen, keines davon ist weniger als beeindruckend.

Zell am See

Auch beim Flo kann man nicht klagen, auch wenn wir erst mal selber arbeiten müssen. Alpine Pizza steht am Programm, den Boden formen wir aus eigenem Sauerteig, auch Paradeiser und Käse hatten´s nicht weit. Genau so wenig wie die riesige Forelle im Salzteig oder das zarte Pinzgauer Pulled Beef. Mindestens genauso beeindruckend geht es am Abend im Salzburger Hof zu, dem Mutterhaus des mittlerweile fünf phantastische Hotels umfassenden „Imperium“ der Familie Holleis. Wir waren schon gewarnt worden, uns noch Platz im Verdauungstrakt für die Köstlichkeiten vom legendären Nachspeisen Buffet zu behalten.

Zell am See

Schwierig bei all den ausgezeichneten Speisen, die uns vorher serviert wurden, kein Wunder, dass die Küche des Hauses beständig unter dem meistausgezeichneten dieser, ohnehin Michelin-verwöhnten Gegend, rangiert. Und doch, die Desserts spielen in einer eigenen Liga, man meint, da müssten ein paar Dutzend geniale Omis in der Küche ihr Bestes gegeben haben. Egal, ob Kaiserschmarrn, Buchteln oder Pofesen, jede einzelne Speise kommt direkt aus dem Mehlspeishimmel, als Drüberstreuer gibt´s dann noch Pralinen, auch die so gut, dass man einfach nicht widerstehen kann.

Zell am See

Womit wir natürlich auf ein Problem zusteuern, jenem der Gewichtszunahme nämlich. Zum Glück hat die neue Beverly gute 33 PS, so dass die Heimreise nach einem Verdauungsspaziergang am Schmitten unter Führung einer „Kräuterhexe„, die uns die Augen dafür öffnet, was für segensreiche Pflanzen am Wegesrand auf uns warten, problemlos von Statten gehen sollte. Wieder herrscht dichter Verkehr, auch auf der Pinzgauer Bundesstraße mischen sich Berufs- und Urlaubsverkehr zu einer zähen Masse, wieder schneidet die Beverly da durch wie das warme Messer durch die Butter. Und gerade die kurzen Steigungen sind es, wo man LKWs und Wohnmobile rasch erledigen kann, wenn die zurück schalten, schlägt die Stunde der Beverly, im Nu hat man wieder freie Fahrt.

Zell am See

Ach ja, auch in engen Kehren fühle ich mich jetzt wohler, beim Kongress der Alpinen Küche hat man mich mit Informationen eingedeckt, feinsäuberlich auf Papier gedruckt, ergo dessen halbwegs gewichtig. Dankenswerter Weise sind die Salzburger vorausblickende Gastgeber, das umfangreiche Material wird im gebrandeten Rucksack überreicht. Nun ist das aber schon der zweite, Rücken habe ich nur einen, also muss das Ding woanders hin. Ha! Roller! Auf´s „Trittbrett“ also, beziehungsweise in den artgerechten Durchstieg, und siehe da: nicht nur kann man noch viel mehr transportieren, als ohnehin schon erwartet, plötzlich fühlt sich das Gefährt noch motorradähnlicher an, selbst auf unbefestigten Wegen fühlt sich die Beverly wohl!

Piaggio Beverly 350

Und noch einen angenehmen Nebeneffekt bringt der Rucksack im Durchstieg mit sich: auf der Autobahn zieht es deutlich weniger auf die nackten Knöchel! Weil die Beverly dem Fahrer nämlich ermöglicht, die Straßenverkehrsordnung hinsichtlich Autobahnhöchstgeschwindigkeit weidlich auszureizen, ist diese Komfortfeature nicht zu vernachlässigen.

 Insbesonders, wenn man als gewissenhafter Tester den Verbrauch auch im Fast Forward Mode ermitteln will, selbst sportlich auf der Landstraße bewegt, konnte ich den nämlich kaum auf die amtlichen vier Liter bringen. Autobahn Salzburg Linz auf Anschlag also, im Windschatten von hastig überholenden Hochdachkastenwagen am Weg in den Feierabend, meldet sich dann manchmal auch schon der Begrenzer, aufhalten wird man so jedenfalls sicher niemanden.

Piaggio Beverly 350

Was soll ich sagen, nach einer guten Stunde Tempobolzerei legt man dem Kassier immer noch lächelnd einen Zehner hin, vielleicht noch eine Münze dazu, Autobahnbenzin kostet ja mehr. Und dann geht´s gleich weiter, unanstrengend, wie sich´s auf der Beverly reist. Sogar eine kleine Extravaganz geht sich noch aus, weil die Autobahn halt doch recht eintönig ist, leiste ich mir noch einen sportlich-sentimentalen Abstecher zur Dopplerhütte. Die liegt da trostlos in der Dämmerung, selbst die Parkplätze gegenüber sind verbarrikadiert . Nichts desto trotz genieße ich das letzte Licht, das bläulich vom Waldviertel herunterschimmert, ein kurzer Halt hier ist dem Wiener Motorradfahrer Ehrensache.

Piaggio Beverly 350

Und dass der Wienerwald danach mit stockfinsteren Kurven wartet, kann mich auch nicht schrecken. Weil nämlich auch die Scheinwerfer blendend sind, besser als die auf meinem „echten“ Motorrad nämlich. Womit sich mir schön langsam die Frage stellt: brauch ich das wirklich? Weil: eigentlich kann die Beverly all das, was ich von einem Bike erwarte mindestens genau so gut.

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