Alfa Romeo Stelvio – Herrschaftlich Reisen

Natürlich sollte man mit dem Alfa Romeo Stelvio gleich mal aufs Stilfser Joch düsen, dem Namen auf den Grund zu gehen scheint verlockend. „Stelvio“ gilt den Norditalienern offensichtlich als Inbegriff des Abenteuers, hat man erst einmal das Stifser Joch bewältigt steht einem die Welt offen, scheint der Mailänder anzunehmen. Von Mandello del Lario gesehen ist da sogar was dran, mit der gleichnamigen Moto Guzzi Stelvio erspart man sich so die Mühen der Ebene und steigt direkt ins helvetische Passnirvana ein.

Alfa Romeo Stelvio by Homolka Martin Svoboda for Mipiace.at

Das erste Automobil namens Stelvio war übrigens eine Version des Bugatti Typ 57 aus den späten 1930er Jahren, hier war der Name wohl eher Ausdruck einer Sehnsucht nach Süden, schliesslich lag die Heimat des alten Ettore in Mailand. Wo, das nur nebenbei, 1909, im Gründungsjahr der Automobilfabrik Bugatti im Elsass, die Produktionstätte der Societá Anonima Italiana Darracq von Lombardischen Geschäftsleuten übernommen und im Jahr darauf in die Societá Anonima Lombarda Fabbrica Automobili umbenannt wurde. War sicher keine schlechte Idee, das Alpha ist schliesslich aller guten Dinge Anfang, wobei der arabische Vorname als Pate auch nicht ganz falsch gewesen wäre, bedeutet er doch glücklich. Den Filmkomponisten Stelvio Cipriani als Paten für den Nachnamen dieses überaus distinguierten Automobils habe ich nach Studium seiner Filmographie ausgeschlossen, die Titel der Werke sind nämlich alles andere als dezent.

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Als Soundtrack für eine kleine Landpartie sind seine Werke hingegen gut geeignet, schnell ein paar Titel runtergeladen – von „la polizia sta a guardare“ über „femina ridens“ bis zu „Solamente Nero“ – und rein in den weissen Wagen. Das Silfser Joch, informiert das Navi, sei 8 Stunden entfernt, etwa gleich weit wie Liechtenstein, die Liechtesteinstrasse hingegen wäre die nächste links, na dann nehmen wir doch die! Weil sie bringt uns zu den Schwiegereltern, die wollen das Enkerl hochleben lassen, hat gerade Matura und Berufsausbildung gleichzeitig absolviert, das muss man doch feiern.

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Womit wir fahren, will er wissen, Stelvio sag´ich, ein SUV von ALFA, weil er eher deutschen Youngtimern zugeneigt ist. „Ach, wieder so ein Auto das vorgibt, Alles zu können“ antwortet er mit der einem frisch maturierten jungen Mann durchaus angemessenen Arroganz. „Selbstverständlich kann er“ ist meine unüberlegte Antwort, darauf er: „Was, schwimmen kann er auch?“ Wusst ich´s doch, es waren nicht Fleiss und Eifer allein, die ihn durch die Prüfungen getragen haben, zu seinen Stärken gehört zweifelsohne auch das, was man gemeinhin Chuzpe nennt und kaum in ein regeldeutsches Wort übersetzen kann.

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Nun, ja, wir haben den Stelvio dann tatsächlich schwimmen lassen. Weil wir nämlich die Liechtensteinstrasse immer weiter geradeaus gefahren sind, die ungeduldig blinkende Ampel am Liechtenwerder Platz als Aufforderung verstanden eine Handvoll mehr von der überaus dezent wirkenden Motorleistung zu nehmen, den Sound, der einem Alfa tatsächlich alle Ehre macht zu geniessen – und sind dabei doch glatt auf der Heiligenstätterstrasse weitergebrummelt. Auch gut, Klosterneuburg – Korneuburg ist ja nur ein Katzensprung beziehungsweise ein kurzer Trip mit der Fähre.

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Und weil man auf der weiter kommt ohne sich auf die Strasse konzentrieren zu müssen auch eine gute Gelegenheit sich die Details des wagens mal genauer anzuschauen. Gespürt haben wir es ja schon, das feine Leder der Sitze, jetzt mustern wir aber auch die Nähte, perfekt, italienische Kürschnerarbeit halt. Auch am Lenkrad übrigens, früher hat man seinen Alfa ja einfach mit einem Nardi Gouvernal veredelt, geht heute gar nicht mehr, wie sollte man denn die vielen Knopferln unterbringen, von den Zuleitungen oder gar dem Airbag gar nicht zu reden. Wobei man den mittlerweile offensichtlich so klein zusammenlegen kann, dass er in den Hupknopf passt, wenn´s nicht draufgeschrieben wäre würde man meinen, sie haben ihn vergessen.

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Dafür sind die Symbole auf den diversen Funktionstasten angenehm leicht abzulesen, den Tempomat steuert man mit links, auch die Bergabfahrbremse, wichtig im Stelvio weil er nicht auf asphaltierte Strassen angewiesen sein soll und, dank sanft schaltender 8-Gang-Automatik, bergab in der Wiese natürlich gezügelt werden will. Und dann ist da noch ein Symbol das ausschaut als könnte irgend ein elektronisches Helferlein auf Eisenbahnschienen nachkommende Lokomotiven hintanhalten, dem werden wir später noch auf den Grund gehen. acha ja, den Start/Stop Knopf haben wir natürlich als erstes kennengelernt, den hat es vor ein paar Jahren so nur im Ferrari gegeben.

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Keine Matura braucht man für die Knöpfe in der aluglänzenden Mittelkonsole, mit dem D-N-A Drehschalter wählt man den Charakter zwischen dynamisch und vernünftig, das funktioniert blendend, fast schade, weil mit dem geschmeidigen Schalthebel, der an den Sidestick im Cockpit eines Airbus erinnert, würde man schon gerne die acht Gänge durchmischen. Kann der Alfa Romeo Stelvio aber mindestens genau so gut, also wählen wir nur die Musik aus, ganz easy mit dem großen Drehregler, sollte man sich wider erwarten im Menü verirren gibt es einen separaten zurück-zum-Hauptmenü-Knopf, sehr vernünftig.

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Was es alles spielt sieht man problemlos auf dem ausreichend dimensionierten Display inmitten des Armaturenbretts. Es ist natürlich in die Gesammtkomposition des Innenraums perfekt eingefügt, da fragt man sich schon, warum es in manchen Konkurrenzprodukten aussieht als hätte ein Gestaltungspraktikant wahllos sein IPad irgendwo angeschraubt. Trotzdem kann auch die Person am Beifahrerinnensitz lesen, was dort alles an Informationen angezeigt wird, gut, wenn es um die Orientierung geht, unter Umständen problematisch in Sachen Unterhaltungsprogramm.

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Vom Hafen im Tuttendörfel geht es „d“ynamisch in Richtung A22, da gibt es wieder mal eine neue Strassenführung inklusive Kreisverkehrsegmenten, schön, dass das Kurvenlineal bei den Straßenbaubehörden wieder die verdiente Anerkennung erfährt, insbesondere die Auf- und Abfahrten zur S1 eignen sich hervorragend um herauszufinden, ob der Stelvio mit den klassischen Alfa Tugenden überzeugen kann. Was soll ich sagen, tut er natürlich, fühlt sich durchaus sportlich-dynamisch an, hat auch kein Problem mit enger werdenden Kurvenradien. Rausbeschleunigen ist sowieso die reine Freude, geht ganz von selbst und man muss sich bewusst zügeln. Also Tempomat aktivieren und relaxen.

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Erst wenn man die Abfahrt zu diesem Shopping Center absolviert hat, das nun auch Nordrandbewohnern den gewünschten Konsumkick verspricht darf man dem Alfa wieder die Zügel lockern. Ich muss Ihnen nicht sagen, wie schnell auf Österreichischen Autobahnen gefahren wird, im Stelvio fühlt sich´s jedenfalls total entspannt an. Und sogar am letzten, erst unlängst eröffneten Teilstück rund um Poysdorf, wo offensichtlich beim Unterbau gespart und so eine Art Wellenreit-Übungsstrecke ins Weinviertel gelegt wurde ist der Fahrkomfort untadelig.

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Kurz vor dem Ende der Autobahn warnt uns ein mütterlicher Anruf vor einem massiven Stau vor dem Grenzübergang Drasenhofen, wir sollen doch lieber gleich nach Eisgrub kommen, am besten über den Schleichweg, „ihr wisst´s schon, hinter´m Pferdehof hinunter direkt nach Bischofswarth!“ Mhmm, keine Ahnung, dürfte wohl jener Feldweg sein an dessen Abzweigung von der Landesstrasse eine Tafel vor der in umittelbarrer Nähe verlaufenden Staatsgrenze warnt, hat mich immer schon gereizt, den mal auszuprobieren.

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Welchen Regeln die Grenzziehung hier heroben folgt war mir immer schon ein Rätsel, kreuz und quer läuft sie durch die Felder, keinem Geländeverlauf folgend, und wenn man mich nach Bischofswarth schickt muss ich Hlovec ins Navi eingeben. Das liegt nämlich zwar de facto dieseits des Nikolsgrabens, welcher die natürliche Grenze wäre, der dort aber Vcelinek heisst, jednfalls seit 1919 sowie dem Ende des zweiten Weltkrieges. Davor war alles viel einfacher und übersichtlicher, dafür hat der Fürst gesorgt, und zwar jener nach dem schon die Straße benannt ist auf die wir vom Ring abgebogen sind.

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Erst seit S.D. Johann II v.u.z. Liechtenstein all seiner Besitzungen zu Gunsten der Böhmen und Mähren verlustig ging fing die Kleinhäuslerei an, die uns aber immerhin freudvolle Fahrerlebnisse beschert hat. Erstens fühlt man sich im Niemandsland recht unbeobachtet, das war nicht immer so. Und wenn schon wer schaut macht man halt auf Gutsverwalter, dem würde nämlich der Stelvio gut zu Gesicht stehen, selbst einem in Diensten jener von und zu. Selbst für die Herrschaft wäre er perfekt geeignet, selbst wenn sie, kaum auszudenken, in Ermangelung geeigneten Personals das Kraftfahrzeug eigenhändig steuern müsste.

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Man kann ganz kommod die Ländereien inspizieren, einerlei wie steil sie seine mögen, für ausreichend Traktion sorgt die Elektronik, genau wie gegen Zurückrollen oder übers-Ziel-hinausschiessen. Und auf dass durchdrehende Räder nicht zu unbotmässiger Staubentwicklung führen dreht man, Sie erinnern sich, das d-n-a-Radl auf zArt. Auch wenn der Wagen durchaus standesgemässen Auftritt garantiert ist er doch handlich genug, dass man sich auch im Forst nicht festfährt. Und das Alles ohne im Schloss unangenehm aufzufallen, er ist nie Fehl am Platz, weder under- noch overdressed, und im Gegensatz zu so manchen Konkurrenten läuft man auch nicht Gefahr als Dienstleister in Sachen Zeitvertreib oder Personenschutz misidentifiziert zu werden.

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Nachdem wir also unbehelligt die einst fürstlichen, nunmehr stattlichen Latifundien im Grenzgebiet ohne Probleme bewältigt haben rollen wir ganz Standesgemäss in den Hof von Schloss Eisgrub. Allen jenen, die in vorauseilender Untertänigkeit auf die tschechischsprachige Bezeichnung Zamek Lednice beharren kann ich beruhigen, selbst die lokalen Behörden befleissigen sich im Geiste guter Nachbarschaft der deutschen Bezeichnung. Nur mit Seiner Durchlaucht hatte man so manchen Strauss auszufechten, der hat, ganz aux contraire zur andern Durchlaucht, dem Schwarzenberg Kari, auf seinen aristokratischen Privilegien beharrt, kommt nicht gut.

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Dabei waren die Liechtensteiners früher doch ganz umgänglich, sozial, beizeiten gar Revoluzzer. Als die Babenberger die Juden im 15. Jahrhundert aus ihren Landen verjagten boten Liechtensteins Zuflucht in ihrem Nikolsburg, das so zusehends an Bedeutung gewann und zum Sitz des Landesrabbiners von Mähren wurde, einer davon, Rabbi Löw brachte es mit dem von ihm ins Leben gerufenen Golem zu weltweitem Ruf.

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Manch ein Liechtenstein schreckte nicht einmal vor den Lehren Hus´ und Luthers zurück, und drüben im prachtvollen Park ums Schloss Eisgrub hat Alois I v.L. 1802 gar ein Minarett errichten lassen, angeblich aus Rache für die Nichterteilung einer Baugenehmigung für eine Kirche, die wollten die Gemeindebeamten nämlich lieber im Ort haben. Sei es wie es sei, die Kulturlandscahft Lednice-Valtice wäre ohne die Liechtensteins wohl nicht denkbar, ihr selbstbewusster, beizeiten wohl auch arroganter Zugang hat Südmähren jedenfalls zahlreiche einzigartige Sehenswürdigkeiten beschert. Die sich absolut standesgemäss mit dem Alfa Romeo Stelvio besuchen lassen, was Ästhetik und angemessene Technologie anlangt haben die Liechtensteins stets strenge Maßstäbe angelegt, nur das Beste war ihnen gut genug, der Stelvio gehört da zweifelsohne dazu!

Danke für die Kooperation mit Megadenzel Erdberg!

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