Il Gran Turismo – Der große Fiat 124 Spider Test

Fiat 124 Spider Homolka for mpiace.at

Diesmal haben wir nichts unversucht gelassen, etwaige Schwachstellen des schnittigen Fiat 124 Spider aufzuspüren. Und? Nichts gefunden! Über 3000 Kilometer lang haben wir ihm keine Ruhe gegönnt, einmal rund um den Stiefel, eine flotte italienische Reise, Johann Wolfgang hätte gestaunt, wie rasch das gehen kann. Gut, er hatte Zeit, darum beneiden wir ihn, als Mitglied des Geheimen Consilium war er Beamter, er ist in den 18 Monaten offensichtlich niemandem abgegangen. Wir hingegen hatten einen klaren Auftrag, Süditalien für Hin&Weg sowie MiPiace zu erkunden nämlich, sowie einen Abgabetermin. Will heißen: 8 Tage intensives Fahren, ohne Rücksicht auf Mann oder Maschine.

Fiat 124 Spider Homolka for mpiace.at

Dem offensichtlichen Zeitdruck geschuldet war auch die Wahl des Autoreisezuges auf der Strecke Wien – Verona und retour, wesentlich vernünftiger als auf der Autobahn die Alpen zu durchqueren, spart de facto einen ganzen Tag und wer fährt wirklich gerne zum x-ten Mal die gleiche Strecke auf der leidigen Südautobahn? Eben! Also beladen wir das fesche Wägelchen schon am Morgen, vom Büro geht´s dann direkt zur Autoverladestelle, bei der Zusammenstellung des Reisegepäcks ist natürlich Voraussicht angeraten, beim Spider handelt es sich schließlich um keine praktische Cargokutsche sondern um feine Moda Italiana, um mal mit meinem Herrenaussatter zu sprechen. Zugegeben, unsere Teens würden angesichts der Tatsache, dass ihre Trolleys nicht in den Kofferraum passen die Krise kriegen, macht aber nichts, sie dürfen nämlich eh nicht mit! Vacanze romantiche, traute Zweisamkeit unter blauem Himmel tut ohnedies mal Not.

Wir packen also unsere edlen Reisetaschen von R. Horns Wien, die sind elegant, strapazfähig und elastisch, die größeren kommen in die Mitte, da ist der Kofferraum am tiefsten. Links, rechts und unter der Ablage auf der das zusammengefaltete Dach ruht passen noch etliche kleinere Taschen, verglichen mit den meisten zeitgenössischen Kofferräumen fallen die platzsparenden Scharniere angenehm auf die nicht unnötig Raum fressen. In die kommt der tägliche Bedarf, zum Beispiel das, was wir ins Abteil mitnehmen wollen, gar kein Problem. Auf den Waggon hat den Spider übrigens ein zuvorkommender ÖBB Angestellter chauffiert, der hat ein Bisserl geschnauft, als er sich aus dem niedrigen Fahrersitz durch die den Spalt zwischen der, erst mal eingeparkt, wenig geöffneten Tür und dem Dach hochstemmen musste. Heißt schließlich Sportwagen, hält auch schlank, und wenn das Dach geöffnet ist steht dem artgerechten Ein- und Aussteigen sowieso nichts im Weg!

Doch worum geht´s denn eigentlich, bei so einem Wagen? Richtig, ums Fahren! Das steht ganz prominent am Programm, sobald wir um acht Uhr Früh die Autoverladeanlage an der Porta Nuova in Verona hinter uns lassen. Um die Zeit kennt der italienische Autofahrer natürlich keine Nachsicht, das heißt ab dem ersten Spurwechsel heißt es sowohl verwegen als auch aufmerksam zu agieren. Schalten, Kuppeln, Beschleunigen gehen wie von selbst von der Hand, da gibt´s nichts zu nörgeln. Auch, wo sich die unsichtbaren Ecken des kleinen Spiders befinden spürt man schnell. Eine erste kleine Aufgabe stellt nur das zielgenaue Anfahren des Ticketautomaten an der Einfahrt zur Autostrada dar, hier hat man offensichtlich versucht, einen Kompromiss zu finden, der sowohl Panda- wie auch Ducato-Chauffeure glücklich zu machen, beide sind höher, lässt sich aber bewerkstelligen. Und dann: eins-zwei-drei-vier-fünf-sechs, stresslos durchgeschaltet, der Arm liegt komfortabel auf dem hohen Mitteltunnel, Kinderspiel!

Wir cruisen natürlich offen, und erleben gleich mal eine Angenehme Überraschung: die Frisur sitzt! Da ist keine peinliche Cabrio Mütze vonnöten, sind die Seitenscheiben hochgefahren gibt es de facto keine unangenehmen Turbulenzen, bis 80 Km/h dürfen die sogar unten sein, Brille in den Haaren reicht völlig, um selbst lagere Strähnen zu bändigen. Später wird sich zu unserer Verblüffung herausstellen, dass selbst Geschwindigkeiten jenseits des Tempolimits offen bestens zu ertragen sind, recht so, unter dem geschlossenen schwarzen Verdeck bei eingeschalteter Klimaanlage durch Bella Italia zu reisen wäre dann doch eher dekadent. Vor Allem, wo es doch so unkompliziert zu betätigen ist, nix Handbremse und warten, man wirft es im Wortsinn aus dem Handgelenk nach hinten, wo es einrastet. Oder auch nicht, man kann´s auch wie einen aufgestellten Kragen tragen, wenn´s kühler wird etwa. Wie schnell man beim Zumachen fahren kann hängt ganz von der Manneskraft ab, Elektronik braucht’s hier nicht, kriegt man es nicht hoch, ist man zu schnell. So einfach ist das!

So viel zum Thema Autostrada, doch nun zum Autofahren, dem echten. Und das spielt sich nun mal auf Landstraßen ab, oder auf Berg-, Neben- und Landstraßen, im konkreten Fall sind wir Richtung Gargano abgebogen. Der Spaß beginnt schon bei den ersten Kreisverkehren, rechts-links-rechts geht aus dem Handgelenk, gerade direkt genug ist die Dafür übersetzt, folgt wie ein Jagdhund. Solange es eben ist braucht man sich um den Schalthebel auch kaum kümmern, lässt nach Lust und Laune den jeweiligen Gang eingelegt, rollt kommod im fünften oder ein bisserl ambitionierter im vierten dahin. Beim Rausbeschleunigen vermutet man alles Andere unter der Haube als einen Vierzehnhunderter, „ahh, il MultiAir“ raunen wissende Italiener gerne anerkennend, und tatsächlich kenn diese Maschine überzeugen, hat sich auch schon auf der Autobahn nach mehr angefühlt.

Sind aber „nur“ 140 Cavalli, die hier galoppieren. Die Anführungszeichen bei der Leistungsangabe müssen sein weil hundertvierzig Pferdestärken am Anfang der Demokratisierung des sportlichen Automobils, das wir beim ersten GTI ansiedeln würden, einem jeden Herrenfahrer durchaus gut zu Gesicht gestanden wären. Offensichtlich ist es hier den Elektronikingenieuren ganz besonders gut gelungen die Leistungs – und Drehmomentkurven in Richtung Sport und Spaß auszulegen, auch das Kampfgewicht von etwa 1100 Kilo ist für heutige Verhältnisse ausgesprochen bescheiden.

So richtig ins Jubilieren kommt man aber erst wenn man den jeweils bestqualifizierten der sechs Gänge einlegt, je höher die Drehzahl desto mehr Vergnügen macht sich breit, da kommen ganz klar die italienischen Gene der Maschine zum Vorschein. Schalten hilft natürlich nicht nur in Sachen Fahrfreude, auch das dem objektiv doch kleinen Hubraum geschuldete weniger stark ausgeprägte Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen lässt sich so zum Verschwinden bringen. Unwillkürlich schaltet der menschliche Fahrassistent in den Sportmodus, ein Vergnügen, das uns Autos vom Schlage eines Tesla dereinst nicht mehr machen werden. Also der Mensch hinter dem Lenkrad erliegt der Lust Kurven nicht nur anzubremsen, sondern gleichzeitig einen gang runterzuschalten, einzulenken, das Gaspedal zu treten, erst ganz zart, später immer ambitionierter, nach ein paar Kurvenkombinationen automatisiert sich der Vorgang, bald danach stellt sich erstes Suchtverhalten ein.

Gibt ja nicht mehr viele Sportautos vom alten Schlag, Vorderräder lenken, Hinterräder treiben an, Lastwechselreaktionen werden zur Linienwahl benutzt, panta rhei, alles fließt. Und zwar egal, ob bergauf oder bergab, da hätte der alte Heraklith gestaunt, wie sich sein Merksatz unter Zuhilfenahme einer Verbrennungskraftmaschine erweitern lässt. Es dauert nicht lange, und man erliegt der Faszination Sportwagen, ganz unschuldig, eh nur 140 PS und die Reifen schauen auch ganz zivilisiert aus, sind keine halbstarken Gummis, die auf Rennsport machen.

Weil die sind dort auch besser aufgehoben, sicher, bauen höhere Seitenführungskräfte auf, muss aber hier nicht sein, im Gargano Nationalpark. Man wird unweigerlich ohnehin schneller, als die Polizia Stradale erlauben würde, hätte man nicht den Fiat 124 Spider sondern, na sagen wir mal, einen deutschen Dieselsportkombi dermaßen ambitioniert durch die Landschaft geworfen. Es fühlt sich an, wie mit akkurat geschliffenen Kanten um 9 Uhr früh auf der frisch präparierten Piste, die richtige Geschwindigkeit ist für die Schwungauslösung genau so wichtig wie der richtige Zeitpunkt, die Vorderachse findet die neue Linie, die Hinterräder nehmen sie auf und treiben den kleinen Fiat zielgenau auf die Gerade hinaus.

Oder, noch besser, auf die nächste Kurve zu, dann kann man das Spiel gleich wiederholen, so lange, bis einen Durst, Hunger oder die charmante Beifahrerin aus dem Tagtraum reißen. Doch das Erwachen ist auch süß, egal wo man mit dem eleganten kleinen Cabrio anlegt wird man freudig empfangen, egal ob Bambini, Ragazzi oder Signorine, alle lieben den Spider. Logisch, wenn endlich mal wieder ein kleines, wendiges Cabrio aus Italien zu haben ist, das auch noch unverschämt gut aussieht will man´s einfach haben. Und wissen sie was? Dem Wunsch kann man ohne Bedenken nachgeben, der Fiat Spider ist ein veritabler Gran Turismo, ideal für den Urlaub zu zweit, egal wie lange der dauern soll. Weil: man gönnt sich ja sonst nichts!

Danke für die Kooperation mit Megadenzel Erdberg!

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