Man konnte sich der Schneehysterie kaum entziehen, letzte Woche, eineinhalb Meter heute Nacht, noch mal einen in der Früh, Hallstatt nur per Schiff erreichbar, sogar Ebensee war von der Umwelt abgeschieden, ausgesprochen ungünstig, dort haben besonders kluge Menschen eine Halle mit Flachdach hingestellt. Unser bescheidenes Ausgedinge am Kollmannsberg haben glücklicher Weise noch Eingeborene errichtet, trotzdem hat mich der Anruf meines ältesten Freundes etwas beunruhigt. Nicht mal mehr die Einsatzkräfte würden durchkommen, du solltest wirklich mal nach dem Rechten schauen hat er mit ernstem Ton gemeldet. Er neigt nun wirklich nicht zum Alarmismus, also nix wie hin. Nur womit?
„Vielleicht schaffst du´s mit dem Geländewagen, mit dem du neulich da warst“ meint er. Ja, auf den Berg vielleicht, aber die zweihundertfünfzig Kilometer Autobahn schrecken mich, da zieht´s und dröhnt´s, wenig verlockend. Da doch lieber mit dem kleinen gelben Fiat, kommod und flott und dank Signalfarbe im Schneegestöber nicht so leicht zu übersehen. Außerdem kann ich mittels U-Connect während der Anreise Kontakt mit dem Sepp von der Äußeren Halt aufnehmen, den letzten halben Kilometer durch eineinhalb Meter hohen zusammengesackten Altschnee im Hohlweg werde ich wohl nur mit Hilfe seines alten, auf Schneepflug umgerüsteten Traktors schaffen. Und wahrscheinlich auch nur zu Fuß.
Hat dann aber doch funktioniert, nachdem ich beeindruckend flott und unangestrengt mit dem Panda die Autobahnetappe erledigt hatte und auf glitschigem Schneematsch sicher durchs Aurachtal gewedelt bin, kam mir schon der Sepp entgegen. Er war allerdings kaum zu sehen hinter der stählernen Wand, die sein Schneepflug bildete, „sehr guat, mit den kloan Zwutschgerl kimmst vielleicht auffi durch die enge Gossn!“
Der Nachbar mit seinem ausgewachsenen SUV hatte nämlich aus Liebe zu seinen Kotflügeln den Versuch einer Erstbefahrung umgehend abgebrochen, wäre nicht das erste Mal gewesen, dass den Hohlweg Bestandteile ebenso breiter wie teurer Premiumfahrzeuge verziert hätten. Weil: weder Steyr 19 noch Puch Haflinger neigten je zu Fettleibigkeit, selbst die Urväter der heutigen Geländewagenmode Jeep und Land Rover begnügten sich mit Grundflächen vergleichbar jener des Pandas.
Nur dessen Spurbreite kommt nicht ganz an jene des Sepp´schen Traktors heran, ist aber auch nicht weiter schlimm. Nachdem ich den praktischen Drehschalter neben dem Ganghebel auf die Darstellung einer leicht bergauf geneigten welligen Fahrbahn gedreht hatte, nahm ich die erste Steigung in Angriff.
Wie wohl die meisten Männer habe ich keine Sekunde für das Studium der Bedienungsanleitung verschwendet, zu Recht, wie sich zeigte, wer Micky Mouse und Asterix verstanden hat kommt auch bei der Bedienung eines Pandas nicht ins Schleudern. Genau so wenig wie das tapfere kleine Wagerl, nachdem der Schneepflug die Straßen Oberfläche feinsäuberlich abgezogen und ergo spiegelglatt poliert hatte, nahm umgehend die Hinterachse ihren Dienst auf. Nicht, dass man das wirklich merken würde, doch wenn die Straße deutlich ansteigt und ergo die Gewichtsverteilung, die normalerweise den Vortrieb garantiert, die besorgenden Vorderräder entlastet, passiert, im Gegensatz zum gewöhnlichen Zweiradler – gar nix!
Also nichts, was unangenehm auffallen würde. Da dreht nix durch, ausser vielleicht ganz kurz, da muss man aber schon extra darauf aufpassen, um das zu bemerken. Die Hinterräder warten nur auf ihren Einsatz, wie perfekte italienische Kellner in einem Haubenlokal, „scusi, Signore“, Serviette am Schoss, Vortrieb auf allen Vieren, servizio perfetto. Macht Freude, Lust auf mehr, einen verwegenen Gaststoß in der ersten Spitzkehre zum Beispiel, was der Panda 4×4 Cross in nachgerade sportliche Kurvencharakteristik übersetzt. Er scheint ertasten zu wollen, wie viel Seitenführungskräfte hinten zur Verfügung stehen, leichtes Übersteuern stellt sich ein, wodurch sich notfalls der Radius verringern ließe, wodurch er dem Fahrer peinliches Aus-der-Kurve-Rutschen ersparen würde. Das nur, falls ihn Übermut packte. Gut zu wissen!
Wir haben mittlerweile den leer stehenden Hof vom Hinterwirt und somit das Ende der Straße erreicht, jetzt wird es interessant, weiter geht´s am Forstweg. Auch hier ist der Sepp durchgepflügt, aber natürlich nicht so knapp über Grund, wer weiss, was für Steinbrocken unter dem weichen Weiß warten. Die riesigen Hinterräder haben tiefe Spurrillen hinterlassen, weiter auseinander als die Räder des Panda 4×4 Cross.
Und voll loser Schneebrocken, schaut verwegen aus, ich zögere kurz. Ganz kurz, ein bisserl Schwung kann nicht schaden, der Panda darf selber entscheiden, ob er die linke oder rechte Spur wählt, und schwupps: vorne rechts, hinten umgekehrt! Egal, er wühlt sich weiter, mal plumpst er hier rein, mal da, dem Vortrieb tut das alles keinen Abbruch, ich bin beeindruckt. So sehr, dass ich beinahe vergesse mit dem Drehschalter das dritte – und letzte -Bildchen anzuwählen: bergab! Dahinter verbirgt sich ein von den italienischen Ingenieuren ersonnenes Programm, welches dafür sorgt, dass wir gemeine Alltagsnutzer nicht plump das Bremspedal malträtieren und so womöglich vom rechten Weg abkommen. Was soll ich Ihnen sagen, funktioniert blendend, keine Ahnung wie, aber so wenig gefürchtet habe ich mich auf der steilen Abfahrt noch nie!
Die Probleme haben erst nach dem Aussteigen angefangen, einmeterfünfzig war die Schneewand hoch, die der Sepp aufgetürmt hat, dahinter ein Meter Bruchharsch, aber ich will Sie nicht mit Schneeberichten langweilen, die haben wir sowieso zur Genüge gehört, in letzter Zeit. Auch nicht mit der Information, dass, kaum dass ich erwähnt hatte, auf unser Auszugshäusl zu fahren, meine Allerliebste auf die glorreiche Idee kam, mir einen Transportauftrag zu erteilen. Eine Truhe, welche ihrer Ansicht nach nicht mehr ins Einrichtungskonzept der Stadtwohnung passte, könnte ich doch bei der Gelegenheit gleich mitnehmen.
Ich war mir nicht ganz so sicher, ein Meter mal 80 mal 70 Zentimeter, ein ziemlich unhandliches Trumm, ob sich das ausgeht? Siehe da, ist tatsächlich problemlos im Heck verschwunden, als „tolle Kiste“ hatte Fiat das Urmodell einst angepriesen, nachdem sich einige Motorjournalisten über das kantige Design lustig gemacht haben. Toll ist die Kiste im Sinne von Platzangebot noch immer, mittlerweile macht sich aber auch niemand mehr über das Design lustig, wäre ja noch schöner!
Gut, die Hütte war unbeschädigt, das Dach noch ganz, keine umgestürzter Baum hatte es durchschlagen, allerdings musste ich mich erst mal zur Eingangstür durchgraben. Kaum drinnen läutete das Telephon, der alte Freund, er wollte aber gar nicht wissen, ob alles okay wäre, sondern nur, ob ich Zeit hätte. Wofür? „Der Pino müsst´ zu einem Match. Dringend!“ Na da kann ich nicht nein sagen, der junge Mann, Sohn meines ältesten Freundes, ist schließlich mein Patenkind. Warum der Herr Papa verhindert wäre war auch schnell klar, die ältere Schwester musste zur U18 Damen Eishockey Weltmeisterschaft nach Kärnten, Pferde und Kühe wären zu füttern, außerdem warteten Gäste, die sich via AIRBnB für ein Zimmer angemeldet hätten, unten im Tal, keine Ketten. Und die Mama war damit beschäftigt, einen der Fiat Ducatos, die sie zum Garderobenwagen umgebaut hatten, an den Drehort einer Filmproduktion zu chauffieren. Er meinte noch immer, ich wäre mit einem Geländewagen unterwegs, ich verneinte, „sondern?“ Dass ich gleich kommen würde, und zwar mit dem Fiat Panda, versetzte ihn kurz in Panik. Ich legte auf und fuhr los, die Eishockey Karriere des jungen Herren liegt mir schließlich am Herzen.
Er war dann auch relativ rechtzeitig zur Stelle. Und einigermaßen begeistert, in einem Fahrzeug italienischer Provenienz reisen zu dürfen. Immerhin ist er Ferrarista seit Geburt, erblich belastet quasi, väterlicherseits. Herr Papa und meine Wenigkeit haben den 600er des Großvaters noch vor der Führerscheinprüfung aufs Dach gelegt, ich bin dann ins britische abgedriftet, war, dank Jochen Rindt, Lotus Fan, er, familiär frankophon eher auf Seiten von Jacky Ickx und Ferrari Fan. Mich hat man mittlerweile bekehrt, die Geschichten von meinen dienstlichen Besuchen in Maranello mag auch Pino gerne, noch mehr allerdings die kleinen Werbegeschenke, die ich ab und an abstauben konnte. Ob er nun enttäuscht wäre, weil ich ihn nun mit einem Fahrzeug vom definitiv anderen Ende der Modelpalette des Hauses Fiats vor seinen Freunden bei der Eishalle absetzen würde? „Aber woher denn, Ankommen ist schließlich immer noch wichtiger als Angeben!“ Alle Achtung, besser hätte man die Vorzüge des Fiat Panda 4×4 Cross gar nicht auf den Punkt bringen können!
Danke für die freundliche Kooperation mit Denzel Wien.