Wir gönnen uns nicht alleine das Vergnügen, nein, wir lassen auch Leser auf die Schmuckstücke unseres Fuhrparks! Den Anfang macht Rene´Billiani, Motorrad Aficionado mit Geschichte, Twitterer und Aircraft-Freak, dem wir eine Piaggio MP3 500ie in die Hand gedrückt haben.
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Besucher italienischer Innenstädte kennen sie, diese chaotisch durcheinander fahrenden Roller und Mopeds, die sich zwischen PKWs und LKWs durchschlängeln und ihren Weg suchen. Und trotzdem funktioniert der Verkehrsfluss ohne Probleme, sie sind aus den Städten nicht mehr wegzudenken.
Letzte Woche wurde ich von der mipiace.at dankenswerter Weise eingeladen, einen dieser Roller, eine Piaggio MP3 500ie Sport, ein paar Tage zu testen. Ihre revolutionäre Vorderachse war mir schon von früheren Berichten bekannt und ich hatte sie auch schon einige Male in Wien gesichtet.
Was natürlich sofort auffällt ist das doppelte Vorderrad, dessen Konzept eine doppelte Aufstands- und Bremsfläche, eine hohe Unempfindlichkeit gegenüber Schienen, Bodenwellen, Bodenmarkierungen und in den Kurven zusätzlichen Seitenhalt, Stabilität und Sicherheit bietet.
Motorradpuristen und Mitglieder der Fraktion Knieschleifer lehnen dieses Dreiradkonzept mit Sicherheit ab, ich bin aber extravaganten Lösungen gegenüber sehr aufgeschlossen, anscheinend genauso wie viele Passanten, die sich ob des exotischen Aussehens des Rollers mehr als einmal interessiert umdrehten und mir zu Fahreigenschaften und Handling Fragen stellten.
Von der Seite her gesehen fällt die gestreckte Silhouette und der lange Radstand auf und es wird sofort klar, dass die Piaggio kein Leichtgewicht sein kann. Sie wiegt laut Zulassungsschein immerhin 280kg, dort findet sich auch der Eintrag, dass sie als „dreirädriges Kraftfahrzeug“ angemeldet ist und sich somit auch mit einem B-Schein „only“ fahren lässt.
Das Cockpit wirkt sehr aufgeräumt, ein digitales Display in der Mitte, links und rechts ergänzt durch je ein analoges Runddisplay mit den üblichen Parametern.
Unter der extralangen Sitzbank befindet sich ein riesiger Stauraum für zwei Helme und mehr.
Für den Vortrieb der oben erwähnten 280kg plus Fahrer sorgt ein 1-Zylinder 4-Takter mit 40 PS , die Kraftübertragung erfolgt angenehm und stufenlos über ein Variomatik Automatikgetriebe.
Meine früheren Bikes (Suzuki, BMW und zuletzt Moto Guzzi) waren nur mit zwei Rädern ausgestattet und so war ich schon sehr gespannt, wie sich die Piaggio im Fahrbetrieb anfühlt. Nach einer eingehenden Instruktion der Bedienelemente hieß es ab in den Stadtverkehr!
Vorab machte ich mich einmal vertraut mit der über einen Schalter am rechten Lenkergriff ver- und entriegelbaren Vorderachse. Wer glaubt, die Signora kann wegen ihrer beiden Vorderräder nicht umfallen, der wird schnell eines Besseren belehrt!
Sind die Vorderradaufhängungen entriegelt fällt sie genauso um, wie jedes andere Zweirad. Das durfte ich auch Autofahrern erklären, die mich bei fast jedem Ampelhalt danach fragten.
Von Kurve zu Kurve stieg das Vertrauen in Spurtreue und Lenkverhalten, der Motor bot genug Kraft, um beim Anfahren die Poleposition zu halten und in jeder Phase genug Leistungsreserven, die ich jedoch nicht voll ausgereizt habe, schließlich stand bei der Übernahme eine Null am Kilometerstand und der Motor war noch nicht eingefahren.
Die beiden Scheibenbremsen an den Vorderrädern und deren Gegenstück am Hinterrad sorgten für entsprechende Verzögerung, ein Überbremsen war unmöglich. Die Fußbremse ist als Integralbremse ausgelegt, ABS und ASR sind selbstverständlich serienmäßig an Bord.
Im Stadtverkehr genug Erfahrung gesammelt, steuerte ich als nächstes das Tullnerfeld an. Die ersten langgezogenen Kurven machten richtig Spaß, daher nochmals zurück über den Tulbinger Kogel … ein biss’l schauen „was so geht“! ^^
Früher nie ein richtiger Knieschleifer, eher als Tourenfahrer unterwegs, schätzte ich jetzt, dass sich die Piaggio leicht in Kurven einlenken lässt, lang gezogene Kurven aber auch Spitzkehren machten mit ihr so richtig Spaß! Die beiden Vorderräder klebten in jeder Phase fast auf der Straße und gaben ein zusätzliches Sicherheitsgefühl. Der hochgezogene, in drei Stufen verstellbare, Windschutz hielt die meisten Turbulenzen ab, wenn ich nicht gerade hinter einem Lastwagen festhing.
Fazit: Die Piaggio MP3 500ie Sport machte sowohl in der Stadt als auch am Land eine sehr gute Figur, der einzige Wermutstropfen war die – für mein Gefühl – überharte Sitzbank, die mich öfter mal zum Anhalten und Regenerieren zwang.
Als ich die Signora nach drei Tagen zurück brachte schlich sich bei mir Wehmut ein, hatte sich doch während der Testphase ein mir sehr gut bekanntes italienisches Lebensgefühl eingestellt … aber das ist eine andere Geschichte.
Rene´Billiani
Wer auch Lust hat, eine Piaggio MP3 500ie Sport zu testen, kann sich mit mipiace.at über Facebook, Twitter oder mail@mipiace.at in Verbindung setzen. Testfahrten sind auch in den Bundesländern Österreichs möglich.