War ja nicht wirklich arg, der Winter, der Allradantrieb des feschen Cinquecento eher eine Option, die gerade mal beim Ausparken vor dem Hotel im Skiurlaub zum tragen kam, sonst eher als beruhigendes Sicherheitsnetz unauffällig mitfuhr. Nichtsdestotrotz sehnt man sich nun nach Sonne, Meer und dem Frühlingserwachen im Süden, also nichts wie weg, ab an die Adria.
Freitag nachmittag, die Holde hole ich um vier vom Büro ab, „Schatz, kannst du…?“ Aber natürlich, das Gepäck ins Auto tragen, als ich wieder vor dem FIAT 500X stehe mustert diesen ein Parksheriff, ich habe den Wagen in der Ladezone abgestellt, eh nur kurz. Er interessiert sich aber gar nicht für meine Ausreden, nein, ob das fesche Wagerl Allrad hätte, will er wissen, weil er wohnt ausserhalb, und im Winter, Sie wissen schon.
Klar, hat er, und alles Pipapo, 140 PS, und eine ganze Menge elektronische Heinzelmännchen die ich erst im Laufe des Wochenendes kennenlernen werde. Das Wachorgan würde auch mit weniger Leistung das Auslangen finden, lieber weniger Fixkosten, sich dafür die Lederausstattung leisten, „so schön kriegen das halt nur die Italiener hin“ seufzt er anerkennend, lässt seinen Block stecken und schlendert träumend zum nächsten Parksünder.
Der Cinquecento dürfte ja eines der wenigen Autos sein, die jeder mag, in der putzigen Normalversion, weil er einfach süss und elegant zugleich ist, als Abarth dazu noch maskulin, ohne gleich ins Machofach abzudriften, hier und jetzt als FIAT 500X gibt er die sympatische Idealbesetzung in einer Rolle, die sonst allzuoft die Geister scheidet.
Weil: de facto steht da ein SUV im Halteverbot, beliebte Projektionsfläche für Neid und Spott. Nicht jedoch im Falle des Cinquecento, sogar die beste Beifahrerin von Allen findet den Wagen allerliebst, auch passe er gut zu mir, kann also nicht das Kindchenschema ansprechen wie die kleinen Geschwister.
Nein, die Version mit dem grossen X spielt in einer anderen Liga, bei den Erwachsenen quasi, dort wo sich die elitär gebenden deutschen mit dem Rest der Welt matchen. Nun, sie sollten auch Italien nicht ausser Acht lassen, zur von oben genannten gewohnten technischen Rafinesse und Qualität steuern die Südländer nämlich etwas bei, was die Konkurrenz nur bedingt drauf hat: diese selbstverständliche Eleganz und jene unprätentiöse Stilsicherheit, welche jenes unnachahmliche italienische Lebensgefühl ausmachen, das wir Dolce Vita nennen.
Man spürt die Sympatie, die dem Wagen entgegen gebracht wird auch auf der Autobahn, niemand drängelt dicht am Heck, wenn man mal gerade etwas länger auf der Überholspur verweilt, dafür wird meist rasch Platz gemacht wenn man selbst vorbei will, vielleicht ist es ja die Neugier, jedenfalls nimmt praktisch Jeder den 500X in Augenschein, sobald man nebeneinander her fährt.
Na gut, wir haben auch ein besonders elegant gekleidetes Modell ausgefasst, die seidenmatte Lackierung hat was von grauem Flanell, nicht zu förmlich und doch nicht zu leger, für jeden Anlass passend gekleidet ohne je overdressed zu wirken. Dazu passend präsentiert sich die Innenaussattung in feinstem Leder, wie von unseren italienischen Freunden nicht anders zu erwarten ist die edel patiniert aussehende Haut perfekt vernäht, erinnert eher ans Castello denn an technoide Perfektionismus, Sie wissen, was ich meine.
An der ENI Tankstelle Arnoldstein wird noch mal der Treibstoffvorat aufgefüllt, schließlich ist der österreichische Finanzminister zu seinen potentiellen Wählern deutlich netter als sein italienischer Kollege, der volle Tank wird uns problemlos wieder heimbringen.
Dazu ein rascher Espresso als Amuse Gueule und Sicherheitsfeature für die letzten Kilometer bis nach Bibione. Auch der Tankwart kann seine Zuneigung zu Fahrzeugen vom südlichen Nachbarn nicht verhehlen, Bedenken bezüglich ihrer Zuverlässigkeit kann ich ins Reich der Geschichte verweisen, unser seinerzeitiger Restauranttester Dienstwagen, ein Lancia Dedra selig, bedurfte während seines vierhunderttausend Kilometer respektive vier Jahren dauernden Arbeitsverhältnisses nur eines jährlichen Bremsscheibenwechsels bevor ihn ein glücklicher Bulgare ins Altenteil entführte.
Nichts gegen den Komfort des FIAT, aber so wirklich ausspielen kann das Fahrwerk seine Qualitäten auf der Autostrada: die Kurven hinunter durchs Kanaltal sind mit dem Cinquecento der reinste Hochgenuss, zumal wenn man sie, zugegebenermaßen, eher sportlich in Angriff nimmt. Der Spurhalteassistent hat jetzt Pause, zu befriedigend ist das Gefühl, den 500X wie am sprichwörtlichen Schnürl gezogen durch die Radien schnurren zu lassen, auf den Geraden kann man ruhigen Gewissens schon mal die Zielkoordinaten ins Navi eingeben, Corso Europa 51, Beach Hotel Savoy, 30020, mittels Postleitzahl geht´s am schnellsten, dass das Ziel in Bibione kommt dann umgehend quasi als Konfirmation.
Auch die kleinen Ausflüge zu Winzern und Restaurants rund um Portogruaro ins Hinterland gehen leicht von der Hand, hat man erst mal die Abfolge von Abzweigungen und Kreisverkehren erfolgreich bewältigt bringen einen die 140 Cvalli des Fiat umgehend wieder auf Reisegeschwindigkeit, dass das Getriebe mehr Übersetzungsstufen als mein erstes Rennrad hat, von denen sich aber, im Gegensatz zu diesem auch alle nutzen lassen, fällt einem gar nicht auf.
Die neun Gänge werden jeweils passend und völlig unauffällig gereicht, sogar beim Verzögern, oder beim Erkunden der Azienda Agricola Marcon als wir in den Weingärten von Torre Maschia nach dem Rechten schauten und dem Winzer auf seinem Quad durch die Botanik folgten. Vielleicht waren wir da sogar im 4×4 Modus unterwegs, der FIAT wählt ihn, wenn die Sensoren melden, dass es nötig wäre, uns braucht das nicht zu kümmern.
Wichtiger ist da schon der Kofferaum, so viel, wie man vom herrlich nach grünem Paprika duftenden Cabernet und dem spät gelesenen und daher sehr intensiven Raboso kosten will darf man ja nicht. Also ab in den Weinkeller des 500X, der hat nämlich ein offensichtlich genau dafür gedachtes Untergeschoss im Heck, das banale Gepäck liegt obenauf während die wertvolle flüssige Fracht ungestört und vor Licht geschützt darunter der gründlichen Verkostung daheim harrt.
Davor steht allerdings noch ein Pflichtbesuch im Collio und in Triest auf dem Programm, angenehmerweise verbindet die beiden Ziele eine fantastische Strecke entlang der, mittlerweile beinahe virtuellen, Grenze zu Slowenien. Die Strada Statale 55 zwischen Peci und Peschiera erzwingt mit ihrer beschwingten Streckenführung geradezu den Einsatz des Sportmodus, der FIAT kriegt die Sporen zu spüren, wird zum kleinen Raser, das „cuore sportivo“ schlägt höher, die Reiselimousine wandelt sich zum Kurvenräuber, krallt sich in die Radien, sprintet von einem Bremspunkt zum nächsten.
Der Wagen, der sich sonst so gediegen und erwachsen fährt fühlt sich um Klassen jünger an, macht noch einmal mehr Spass als er dies ohnehin immer tut. Erst an der Costiera lassen wir ihn wieder zur Ruhe kommen und oberhalb von Duino ausrollen. Da spielt er dann wieder überzeugend die Rolle des italienischen Beaus, das warme Licht des Sonnenuntergangs am matten Lack bringt seine Formen hervorragend zur Geltung. Vielleicht sogar ein wenig zu gut, der Anblick des Cinquecento X lenkt vorbeifahrende Radfahrer und Automobilisten ab, aus Sicherheitsgründen fahren wir lieber weiter. Über Nacht parkt der FIAT 500X vor dem Hotel Savoia Excelsior Palace, da können sich die Leute in aller Ruhe am Anblick ergötzen.