Intro
„Einem jeden Anfang liegt ein ganz besonderer Zauber inne“ hat MC Franz Schmalzl, Master of Ceremonies des GAS1450, gesagt. Also mache ich mich auf, von Wien nach Imst, wo eine Piaggio Beverly 350ie Sport Touring auf mich wartet. Wien brütet bei 36° im heißesten Sommer aller Zeiten, ich packe 2 Badehosen, Bermudas und sicherheitshalber auch Regenzeug, you never know.
Alles findet in einer Sporttasche Platz, ein Sommerausflug in die Berge, ein Sommer, die wohl nie enden würde. Doch leider beendet ein Adriatief den Sommer bereits in Imst, tiefe Wolken und Starkregen tränken meine Jeans und Handschuhe, die Temperaturen fallen Richtung Nullpunkt. Ab St.Anton macht sich dann noch dichter Nebel wichtig, St.Christoph liegt verlassen im diffusen Grauschleier, dem ich erst am Flexenpass entkomme. Vom Flexenhäusl geht es in einer schnellen Passage hinunter nach Zürs, das im Sommer aufgegeben scheint. Verbarrikadiert die Fenster, keine Menschenseele, wartet die Gemeinde auf den ersten Schnee, der sie aus dem Dornröschenschlaf erwecken wird. Noch eine lange Galerie im Sauseschritt durchmessen, zwei Kurven und Lech am Arlberg liegt vor mir.
GAS1450
Ich reite am Hauptplatz von Lech, direkt am Fuße des Rüfikopfs, ein, und alles ist so, wie es immer war und wie ich es mir erwartet habe. Franz Schmalzl, Hans Dampf in allen Gassen, begrüßt mich, Nicole, seine überaus charmante Frau, küsst mich auf die Wangen und händigt mir allerlei Equipment für die nächsten Tage aus, Madlen, die umtriebige Tochter, winkt mir hinter der Kamera zu. Ich bin also angekommen in der Vespa Familie, dem Slogan des Schmalzl Clans. Umgeben von unzähligen klassischen Vespas, Raritäten und Gustostückerln aus dem Hause Piaggio mache ich in meinen nassen Hosen eine denkbar schlechte Figur und verziehe mich im mein Hotel, den formidablen Haldenhof in Gehweite des Vespa-Epizentrums.
Das Haus besticht nicht nur durch seine exquisite Lage in Lech am Arlberg, sondern vor allem durch das Personal, das sich liebevoll um mich nassen verfrorenen Wiener kümmert, der da durch die Türe in das stilvolle Ambiente stolpert. Eine heiße Dusche später bin ich wieder gesellschaftsfähig und plane mit dem Wirten Michael Schwärzler bei einem Bier den Schlachtplan, denn für mich steht die Käsknöpfli-Gala in der Bodenalpe an, die ich aus verständlichen Gründen nicht mit dem Zweirad zu erreichen trachte. Aber ich habe die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn Herr Schwärzler fährt mich hinunter Richtung Warth zur Hütte, die ein Privileg der Sommergäste ist, da sie im Winter durch die Straßensperre nach Warth nicht erreichbar wäre. Grazie Michael! So stelle ich mit Gastfreundschaft vor.
Die Käsknöpfli sollen die besten des Arlbergs sein, so, wie die Gäste die besten des Abend sind, charmant und eloquent, ein „who is who“ des Arlbergs bunt gemischt mit tapferen Vespisti, und das alles unter der erprobten musikalischen Leitung von Franz Schmalzl. Chapeau!
Fontanella-Faschina
Wer kennt sie nicht, die Ö3 Verkehrsmeldung: „…gesperrt ist weiters die Verbindung Fontanella-Faschina..“, ein Klassiker jedes Winters, und das seit immer. Freitag stehen also 110km durch die Berge am Programm, gefahren im Pulk von Vespas aller Altersklassen, gepimpt durch eine Piaggio MP3 Touring und meine Piaggio Beverly 350ie Sport Touring, denn die GAS1450 wird als markenoffene Veranstaltung durchgeführt. Die Vespisti vermummt bis zur Unkenntlichkeit, Goretex und Ölzeug dominieren den Platz vor der Rüfikopf-Bahn.
Über Warth und Schröcken geht es nach Schoppernau und Damüls, um dann den Höhepunkt der Ausfahrt zu erklimmen, von Faschina hinauf nach Fontanella, dort wo die Luft dünn ist und das Vieh keine Zäune kennt. Die Straßen sind trocken und das Tempo traditionell hoch. Die GAS1450 ist keine Teppichfahrt, hier wird, wie auch in Zell am See bei den Vespa Alp Days, ordentlich Gas gegeben, und auch die Routenführung ist wie gewohnt allererster Güte, ausgewogen und von einem Profi komponiert.
Piaggio Beverly 350ie Sport Touring
Ich habe mich für die GAS1450 für eine Piaggio Beverly 350ie Sport Touring entschieden und die Wahl nicht bereut. Die Beverly ist das Topmodell aller Roller aus dem Haus Piaggio, zumindest derer, die nur 2 Räder haben. Der 330ccm Einzylinder liefert mit 30PS ordentlich Dampf am Berg und überzeugt mit einer überlegenen Spitze von 138km/h, was die Beverly zu einem komfortablen und schnellen Langstreckenfahrzeug macht.
Egal ob auf Land- und Schnellstraßen, im Pulk von Motorradfahrern oder Autos, der Piaggio Großradroller strahlt immer eine Souveränität aus, die dem Fahrer oder der Fahrerin viel Selbstvertrauen gibt. Mit 191kg ist der Roller noch ausreichend handlich, einfach zu beherrschen und bremst mit der 300mm Scheibe an der Vorderhand (hinten 240mm) absolut standfest. Dass Unmengen von Gepäck unter der Sitzbank Platz finden, ist nur ein weiterer Bonus, genauso wie der 12,5 Liter Tank, der locker Reichweiten von weit über 250km garantiert. Die Beverly ist eine Empfehlung für Rollerfahrer, die auch das Land erkunden wollen und vielleicht sogar eine Reise ins Auge fassen, ohne auf Komfort und Souveränität verzichten wollen.
Rüfikopf
Entspannt federe ich nach der Fontanella-Faschina Tour vom Roller, bereit den Berg zu stürmen, denn der Rüfikopf wartet auf mich, die Rüfikopf-Gondel-Mountain-Experience, wir müssen also nicht gehen. Ein eigenartiges Gefühl, so ganz ohne Skiequipment in der Gondel. Wir nehmen schnell Fahrt auf und gewinnen rasend schnell Höhe, hinauf zur einzigen Stütze, oben an der Kante des steilen Berges. Regen setzt ein, Vorbote dessen, was wir am nächsten Tag erleben sollten. Doch noch steht die Brettljause im Vordergrund, Wurst, Schinken und Käse aus Vorarlberger Produktion, bodenständiger Genuss in lichter Höhe mit bestem Blick bis weit hinter Zürs.
Die Silvretta Tour
Samstag, Kalorien habe ich genug zu mir genommen, gerade recht für den langen 180km Turn hinauf zur Bieler Höhe, zum Silvretta Stausee mit Blick zum Piz Puin, mit 3312m höchster Berg Vorarlbergs und Grenzberg zur Schweiz. Locker rollen wir uns ein, hinein ins Montafon, manche tragen noch Jeans, manche Lederhosen. Trocken sind die Straßen, auch auf der Silvretta Hochalpenstraße, die uns in fantastischen Kehren hinauf führt über die Baumgrenze, hinauf zum Silvretta Stausee, der kurz aus den Nebelschwaden auftaucht und wieder verschwindet. Die Bergrettung macht sich mit einem Einsatzkommando der Polizei auf, Vermisste zu suchen. Das Blaulicht deutet auf einen Ernstfall hin, während wir noch unser Tiroler Gröstl genießen. Ich hoffen, der Einsatz war von Erfolg gekrönt, denn wir sind auf über 2.000m Höhe und das Mittelmeertief beginnt seine Krallen zu zeigen.
Noch schnell ein Espresso, die Abfahrt ins Paznauntal ruft. Und die ersten schweren Tropfen beginnen auf den Helm zu prasseln. Ich bin froh, für die ganze Tour den Arai Axcess II Vollvisier-Helm gewählt zu haben, so ist der Schädel dicht und vor allem sicher verstaut. Die ersten Vespisti stürzen sich in die Tiefe, der Pulk scheint aufgelöst. Einige Kammeraden sitzen noch beim Cappuccino, ich versuche währenddessen die Spitze der Gruppe zu finden und gebe der Beverly die Sporen. Ob Franz die Spitze anführt, ist unklar. Klar ist nur, dass die nächsten rund 100km kein Honiglecken werden, dafür wartet aber am Ende eine heiße Dusche im Haldenhof. Die Regenhose hält dicht, ebenso die Regenjacke, die ich über die Protektorenjacke gezogen haben. Als weniger dicht erweisen sich meine läppischen Sommerhandschuhe und eine Investition in Goretex-Motorradstiefel wäre auch kein Fehler.
So jage ich die Beverly durch den Sturm, hole mir eine Vespa nach der anderen, um in Galtür die Spitze des Pulks zu treffen, mit dem ich mich Richtung St.Anton vorarbeite. Die Vespas dieser Mannschaft sind wohl so alt wie ich, scheinen aber einer motorischen Verjüngungskur unterzogen worden zu sein, abgesehen von den wirklich beherzten Fahrern, die in den Kurven entweder Wagemut oder großes Können zeigen. Chapeau!
Nur ab St.Anton ist dann kein Kraut mehr gegen die Beverly mehr gewachsen. Die langen Rampen spielen der Leistung und dem Drehmoment in die Karten, das Fahrwerk leistet sich keine Schwäche. Ich fühle mich sicher und schnell, nur in St.Christoph kann ich im Nebel kaum die Fahrbahn sehen, treffe dann aber doch in den nächsten Tunnel. Noch eine Galerie und ich steche knapp vor dem Flexenhäusl wieder aus den Nebelschwaden. Die lange Gerade hinunter nach Zürs und dann weiter nach Lech und ich habe es geschafft. Inoffizieller Tagessieger an der Tankstelle. Doch nicht die Zeit zählt heute, sondern das gesunde Ankommen unter schwierigen Bedingungen. der Lorbeerkranz fällt heute aus, denn ich fahre schnurstracks in den Haldenhof, um meinen Körper wieder aufzutauen. Abends dann fühle ich mich wie nach einer Bergtour auf den Piz Buin, müde aber glücklich, gehegt und gepflegt von der Mannschaft des Hotels, die mich mit einem vorzüglichen Abendessen und einem selbst angesetzen Zirbenschnaps wiederherstellen, denn wie das so in den Bergen ist, das wissen die Lecher!
Fazit
Das Grand Arlberg Scootering GAS1450 mag zwar erst einmal stattgefunden haben, zählt aber schon heute zu den Legenden unter den Vespa Veranstaltungen. Die traumhafte Landschaft und die unberechenbaren Wetterbedingungen machen die GAS1450 zu einer wahren Vespa-Rallye, erdacht und geplant vom Guru unter den Vespisti, Franz Schmalzl und seinem hervorragenden Team. Hier passt einfach alles. Die Routenplanung ist durchdacht und anspruchsvoll, das Rahmenprogramm vom Feinsten, interessante Menschen und tolle Begegnungen machen die GAS1450 zu einem Erlebnis. Grazie Franz, Grazie Nicole und Madlen und all den anderen, die mitgeholfen haben. Ich komme nächstes Jahr sicher wieder!