Heute will ich über die Cousine reden. Die, die nicht immer im Rampenlicht steht. Die, die mit dem Familiennamen Piaggio gerufen wird, und nicht mit dem Spitznamen Vespa. Die dunkle, die ein wenig größer ist und trotzdem unauffällig. Die Piaggio Beverly 3ooie Police.
Der Zusatz „Police“ bezeichnet übrigens weder ein Einsatzkraftfahrzeug der italienischen Exekutive, noch die Pop Ikonen der britischen New-Wave Band rund um Sting (Roxanne), sondern vielmehr eine Designkooperation zwischen Piaggio und der extra coolen Lifestyle-Brand Police! Und das bedeutet: Paint it black!
Nach dem heurigen erfolgreichen Launch der Piaggio Medley wurde das Beverly Programm in Österreich ein wenig gestrafft. Die hubraumschwächeren Modelle schaffen den Weg über den Brenner nicht und werden durch die Medley würdig ersetzt, die beiden stärkeren Modelle bleiben aber auf unseren Straßen und das ist gut so. Denn schon meine Erfahrung mit der Piaggio Beverly 350ie Sport waren eine vorzügliche Visitenkarte für ihre etwas kleinere Schwester.
300er bedeutet effektiv 278ccm und der Kenner sieht sofort, dass hier der Piaggio Motor werkt, der auch die Vespa GTS 300ie befeuert, wenngleich das Datenblatt einen minimalen Kraftvorsprung von 0,7 PS ausweist, ebenso wie ein Haucherl mehr Drehmoment im Vergleich zur Vespa. Sicher auch ein Verdienst des neuen Euro 4 Upgrades des Motors! Gewichtsmäßig schenkt man sich ebenso wenig, wobei hier die Vespa mit 158kg einen gewissen Vorteil zu den 183kg der Beverly hat.
Gleich vorweg: In den Fahrleistungen konnte ich gefühlsmäßig keinen Unterschied festmachen. Ein Schnitzerl auf oder ab machen das Kraut nicht fett. Und will man sich Gutes tun, steht natürlich das gesamte Kit-Programm wie auch bei der GTS zur Verfügung, angefangen von der Variomatik bis zum Zylinder!
Man sollte aber nicht glauben, dass es sich bei der Piaggio Beverly 300ie Police um eine Vespa im neuen Mäntelchen handelt. Denn die Piaggio Beverly verfolgt eine gänzlich andere Philosophie als ihre Cousine. Die Piaggio Beverly 300ie Police fällt in die Kategorie der Großrad-Roller, was sich eben auch ein im Gewicht niederschlägt. Alles ist ein wenig großer. Die 16″/14″ Bereifung (Vespa GTS 12″/12″) ebenso wie der mächtige 300mm Anker am Vorderrad, der die 220mm Scheibe der Vespa mickrig erscheinen lässt.
Beim Radstand messen wir ein Plus von fast 20cm. Länge läuft, sagt der Segler. Und Länge läuft, sagen auch wir. Denn die Beverly macht auf der Straße einen wirklich vorzüglichen Eindruck. Hier geht es um Stabilität und Ausgewogenheit, ein wahrer Smooth Operator für die Stadt und das dazugehörige Umland. Und vielleicht spüre ich genau hier das Drive-by-wire System, die digitale Übermittlung meines analogen Geschwindigkeitswillen!
Nie wird es kippelig oder nervös, die Kurven werden fast wie auf einem Motorrad gecarvt, den hohen Kreiselkräften sei es gedankt! Ein großer Schritt weg vom Fahrgefühl einer Vespa, ein Schritt hin zum Raumgleiter der Neuzeit, dem perfekten City-Tool für Anspruchsvolle.
So wie das Gleiten der Neuzeit entspricht, präsentieren sich auch die ABS-Bremsen. Hier wird geankert, bis die Bremshebel rattern, ein souveränes Gefühl der Sicherheit in jeder Situation, egal ob nass oder trocken, warm oder kalt. Auch hier zeigen die großen Räder, wozu sie erfunden wurden. Hier geht es um die beste technische Performance, um den Komfort der Reise, um Stabilität und Souveränität!
Vorteile hat die GTS vielleicht beim Durchkämpfen zwischen Autos. Nicht, weil sie schmäler wäre, vielmehr ist die Vespa GTS im Langsamfahrbetrieb etwas wendiger und kann auf geringerer Fläche manövriert werden.
Wer nun glaubt, dass die Vespa im Vergleich generell wendiger wäre, irrt. Obwohl die Sitzhöhe bei beiden Fahrzeugen mit 790mm angegeben ist, sitzt man auf der Beverly etwas niediger, was sicheren Stand und leichteres Abstützen mit den Beinen erlaubt. Zusätzlich garantiert der Großradroller auch bei niedriger Geschwindigkeit mehr Stabilität, was sich insgesamt im Nahkampf der Stadt positiv bemerkbar macht! Man wieselt nicht durch den Blechsalat, man zoomt sich durch. Also keine Haken, mehr der runde Bogen!
Mehr Radstand bringt auch eine größere Karosserie mit sich, was sich unter der Sitzbank zeigt. Ein Jethelm der Große L ist ohne Probleme in der Beverly unterzubringen, bei geeigneten Helmen eventuell sogar 2. Etwas, wovon der Vespa Fahrer nur träumen kann. Praktikabilität wird hier groß geschrieben, wenngleich die Staumaße vielleicht noch ein wenig mehr bieten könnten. Aber hier kann man ja zur Medley greifen!
Neben den praktischen Vorzügen kommen wir zu den schlagenden Pro und Kontras und somit zum Preis! Die Piaggio Beverly 300i Police ist um wohlfeile EUR 5.299.- käuflich zu erwerben, ein Preis, um den es bei Vespa noch nicht einmal die 125er gibt! Ein saftiger Preisvorteil von über EUR 1.000.- in der ABS Variante!
Wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wär´, und das bezieht sich auf das unschlagbare Image der Vespa, was sich wohl auch in den konstant hohen Wiederverkaufspreisen der 70jährigen niederschlägt!
Mein persönlicher Tipp: Die Piaggio Beverly 300ie Police für den täglichen Gebrauch, eine Blech-Vespa für`s Liebhaben!
P.S.: Ein Topcase schaut auf der Beverly professionell aus, auf der Vespa hingegen läppisch!
Motor: | 1-Zylinder 4-Takt |
Kühlung: | flüssigkeitsgekühlt |
Hubraum: | 278 ccm |
Max. Leistung: | 22,2 PS (16,3 kW) bei 7.250 U/min |
Max. Drehmoment: | 23 Nm bei 5.750 U/min |
Max. Geschwindigkeit: | ~ 125 km/h |
Starter: | Elektrisch |
Getriebe: | Automatikgetriebe mit stufenloser Variomatik |
Vorderradaufhängung: | hydraulische Teleskopgabel |
Hinterradaufhängung: | 2 Hydraulikstoßdämpfer mit 4-fach einstellbarer Federvorspannung |
Bremse vorne: | Ø 300 mm Scheibenbremse |
Bremse hinten: | Ø 240 mm Scheibenbremse |
Bereifung vorne: | 110/70 16″ |
Bereifung hinten: | 140/70 14″ |
Länge/Breite/Höhe: | 2.150/780/1.190 mm |
Radstand: | 1.535 mm |
Sitzhöhe: | 790 mm |
Eigengewicht fahrf.: | 183 kg |
Zul. Gesamtgewicht: | 365 kg |
Tankvolumen: | 13 liter |
Abgasnorm: | Euro 4 |