Prolog
Nicht nur Vespisti sind äußerst soziale Wesen, die sich gerne zu Gruppen und Sippen zusammenschließen, auch Fahrer und natürlich Fahrerinnen des Minis ist dieser Charakterzug eigen, was wohl mit der jeweils einzigartigen Heritage der Fahrzeuge zusammenhängt. Treffen sich dann Vespas und Minis zum Minilike 2018, ist es, als würde Corradino D´Ascanio, der Erfinder der Vespa, Sir Alec Issigonis, den Konstrukteur des Ur-Minis, auf eine Flasche seines besten Chianti einladen. Ein Hochamt der Mobilität, ein Cheers und Cin Cin der Extraklasse.
Dieses Treffen findet quasi in Memoriam jedes Jahr statt. Und es kann deshalb auch nicht anders sein, dass gerade Mariazell in der Obersteiermark als Wallfahrtsort dieser Ikonen gewählt wurde. Die Location, der Flughafen von Mariazell, wirft in mir aber die Frage der Anreise auf. Einspurig oder mehrspurig, offensichtlich den letztjährigen Dauerregen immer noch im Hinterkopf. Und in mir keimt der Wunsch nach einem Seitensprung, den ich mir auch umgehend bei den zuvorkommenden Herren des Megadenzel in Erdberg erfülle: Mein Seitensprung soll John Cooper sein, der Mini John Cooper Works, die Krone der bald 60jährigen Mini-Geschichte!
John Cooper
John Cooper, mein Tête-à-tête für ein langes sonniges Wochenende, war nicht nur innovativer Konstrukteur von Formel Rennwagen, sondern auch Formel 1 Rennstahlbesitzer in den glorreichen Tagen eines Jack Brabham, der 1959 und 1960 Weltmeister auf Cooper wurde, Sterling Moss oder Jochen Rindt. John Cooper kümmerte sich auch um den Aufbau von Minis als Rallyewagen, die in den Jahren 1964 (Paddy Hopkirk), 1965 mit dem legendären Timo Mäkinen am Volant und ein letztes Mal 1967, unter dem nicht minder berühmten Rauno Aaltonen, genannt „Der Professor“, die Mutter aller Rallyes gewinnen konnten, die klassische Rallye Montecarlo.
Diese Erfolge machten nicht nur John Cooper zum Helden, sondern gaben dem Mini den immerwährenden Nimbus des Davids, der Goliath auf den verschneiten Straßen des Col de Turini in die Knie zwang.
Alpenglühen
Rund 50 Jahre später steht er vor mir, der Mini John Cooper Works, und ich freue mich wie an jenem Tag Mitte der 80er Jahre, als ich meinen weißen Mini 1000 mit Fetzendach in Empfang nahm. Auch meine ersten Versuche als Fahrer hatte ich schon Ende der 70er Jahren auf diversen Minis meines Vaters unternommen, so dass sich der Charakter dieses englischen Urgesteins in meine Gene gebrannt hat, zu meiner eigenen Heritage wurde und meinen Fahrstil entscheidend mitgeprägt hat, auch wenn aus mir vielleicht kein Timo Mäkinen wurde.
Dunkel glänzt das Rebel Green, das den Anschein eines Lodenjankers erweckt, rot das Dach, der Spoiler und die Abdeckungen der Rückspiegel, rot wie das Band auf dem Tirolerhut. Geboren in England, studiert in Deutschland, aber im Grunde seines Herzens ein zutiefst österreichisches Fahrzeug, gemacht für die Ansprüche des Sportfahrers in Stadt, Land und Gebirge.
Der Mini John Cooper Works lebt vom starken Herzen seines 2 Liter Turbos, einem Meisterwerk des Durchzugs, mit 231 PS konstant zwischen 5200-6200 U/min, unterfüttert von wohligen 320 Nm Drehmoment zwischen 1450-4800 U/Min. Man bullert also vom Leerlauf auf einem Drehmoment Tsunami dahin, bis das Drehmoment Volley an die Pferde abgibt. Perfekte Harmonie, ein Traum von einem Triebwerk, das den Wagen in jeder Hinsicht dominiert und in seiner Elastizität süchtig macht.
Die daraus resultierenden Fahrleistungen von 0-100 km/h in 6,1 Sekunden (Automatik) und eine Spitze von 246km/h auf der deutschen Autobahn sind nicht nur für einen Mini brachial, sondern öffnen bereits die Türe in die Welt der expliziten Sportwagen. Verwaltet wird der Saft und die Kraft von einem hervorragenden 8-Gang Automatikgetriebe (Aisin), das sich sowohl über den Wählhebel, als auch über Paddle-Shifter bedienen lassen, die am Lenkrad verbaut sind. Ein manuelles 6-Gang Getriebe ist ebenfalls verfügbar und sollte je nach Einsatzzweck ebenfalls in Betracht gezogen werden.
Ich cruise also durch die tempolimitierten Orte des südlichen Speckgürtels, dort, wo der Mini einmal wohnen wird, wohlbehütet in beheizten Garagen und hoffentlich unter der Obhut erfahrener Hände. Denn ein Showcar ist der Cooper Works nicht und eignet sich nur äußerst bedingt als Maturageschenk für höhere Töchter.
Denn nach Heiligenkreuz, dort wo die Straßen weiter werden und das Tempolimit dreistellig, dort drück ich „the pedal to the metal“ und schon spielt die Mariachi Band. Ansatzlos fällt das Drehmoment über die Vorderachse her und zieht den Wagen wie an einem Gummiband gezogen Richtung Horizont, unter dumpfen Grollen der Auspuffanlage, nur kurz auf- und abschwellend die Drehzahl, wenn die 8 Gänge durchgeklickt werden. Allerdings habe ich den 8ten Gang wohl nicht erreicht, weil ich ja sonst 246 km/h im Headup Display aufleuchten gesehen hätte.
Ich beschließe, mich bis Hainfeld mehr dem gediegenen Interieur zu widmen, dem wirklich erstklassigen Multimedia-System, das ohne der Zuhilfenahme einer Bedienungsanleitung intuitiv zu bedienen ist. Sogar die Sprachsteuerung erkennt meine Stimme sofort, wahrscheinlich wurde ich wohlwissend bereits im Miniwerk Oxford einprogrammiert. Weil Manieren haben sie ja, die Engländer, und Manieren hat auch der Mini John Cooper Works, angefangen von den perfekten Sportsitzen des Works Pakets, über die Audioanlage bis hin zum Schiebedach. Ich wähle den mittleren der 3 Drive Modi, genieße die Überlandqualitäten des Fahrwerks, welches nichts mehr von der Härte der Domina aufweist, die ich in meinem Mini 1000 gewohnt war. Ihr erinnert euch: Gummi statt Stahl!
Ochsattel
Richtung Kalte Kuchl wird einmal warm gefahren und ein paar Motorradfahrer gedemütigt, die mit den fahrbaren Kurvengeschwindigkeiten des Mini John Cooper Works so ihre liebe Not haben. Überholmanöver werden im Beam-Modus erledigt und ich erreiche die Kalte Kuchl, die vor Bikern überzugehen scheint.
Den Sitz eine Raste vor, den Mode-Hebel ganz nach oben gedrückt. Ich warte auf den richtigen Augenblick und lasse den Pferden freien Lauf. Der Ochsattel ist eine Landesstraße der vielleicht dritten Ordnung, gerade so breit, dass 2 Fahrzeuge aneinander vorbeifahren können, gespickt mit sehr engen Kurven, steilen Passagen, kurzum das Paradies eines jeden Sportfahrers und vielleicht der beste Platz um herauszufinden, was der Mini wirklich kann. Hier geht es nicht um Alcantara oder Leder, hier geht es um Gewicht, die Vorderachse und vor allem um die Bremsen. Der Mini wiegt rund 1300kg, absolut gesehen ein Leichtgewicht, relativ gesehen aber ein Weltergewicht.
Der Punch des Motors ist über jeden Zweifel erhaben, die Automatik aber Übungssache, weil unter gegebenen Umständen manuell zu schalten ist, um das Drehzahlniveau und insbesondere den Ladedruck dort zu haben, wo die Musik spielt. Eine perfekte Koordination zwischen dem tanzenden rechten Fuß und den Fingern Stradivaris ist hier unabdingbar. Sehr sportlichen Fahrern, die auf die Vorzüge einer Automatik verzichten wollen, ist eine Testfahrt mit dem manuellen 6-Gang Getriebe zu empfehlen.
Das Fahrwerk leistet sich keinen Schnitzer und lässt enorme Geschwindigkeiten zu, ohne dass der Wagen zu Sliden beginnt. Das Gripniveau ist exzeptionell hoch und gefühlsmäßig ist der Cooper Works auf maximalen Grip ausgelegt. Vorteil dieser Maßnahme sind sehr hohe Kurvengeschwindigkeiten, Nachteil ein tendenziell schmälerer Übergangsbereich zwischen Speed und Abflug, aber hier kommt das toll abgestimmte ESB zum tragen, das so gut wie nie zu spüren ist, beim Gaslupfen in schnellen Kurven aber kleine Nachlässigkeiten des Fahrers zuverlässig saniert.
Standfest sind die innenbelüfteten Scheibenbremsen, die gerne den harten Tritt eines Tiroler Männerwadls spüren, dafür aber absolut fadingfrei bei der zweimaligen Befahrung des Ochsattels. You know: Check and Recheck!
Zum Verbrauch kann ich nur sagen, dass sich Wien-Mariazell- Wien knapp ausgegangen ist, sich im flotten Trab aber auch Wien-Udine ausgehen sollte. Rechnen überlasse ich hier gerne anderen, denn die ökonomische Frage ist beim Mini John Cooper Works wohl die letzte, die zu beantworten ist.
Fazit
Der Mini John Cooper Works ist das Schweizermesser des urbanen Zeitreisenden. Er deckt die eingangs erwähnten Pole Stadt, Land und Gebirge in nahezu perfekter Weise ab, ohne maßgebliche Kompromisse eingehen zu müssen. Klein und handlich ist der Mini in der Stadt, spritzig und natürlich fesch, so dass jedes Parkmanöver vor deiner Lieblingsbar zum triumphalen Empfang wird.
Überland besticht der Mini durch ausreichend Komfort des Fahrwerks, perfekte Ausstattung und einen Antrieb, der, insbesondere mit der Automatik, üppigen Antriebskomfort bietet, der auch lange Strecken zum Vergnügen macht, unterstützt durch die tollen Sportsitze des Works Pakets. Das Platzangebot ist mehr als ausreichend, soferne man auf Nachwuchs verzichtet hat oder dieser das Nest bereits verlassen hat.
Last but not least ist der Mini John Cooper ein kleiner Sportwagen für Enthusiasten, Kenner und Connaisseure mit dem gewissen Extraschuss an Leistung, Ausstattung und auch Prestige.
God save the Queen!
Danke für die freundlichen Zusammenarbeit mit Megadenzel Wien Erdberg!
Zum Nachfahren!
Was hat der wunderbare Mini mit italienischem Lifestyle zu tun?
Guter Kommentar, stimmt. Der Mini hat uns zur Minilike gebracht, die ja auch eine Vespa Veranstaltung war. Außerdem wollten wir einmal seitenspringen, um unsere inneren Uhren neu auf italienische Autos zu eichen. Ganz was feines kommt noch diese Woche….