Über den Pass Thurn gleite ich hinein nach Kitzbühel, bereit, mich der Abarth Winter Tour 2017 zu stellen, dem Endpunkt der 3-teiligen Veranstaltungsserie für Fans und Aficionados der italienischen Kultmarke.
Ihren Ausgangspunkt fand die Serie in Andermatt, ihren Heimpunkt dann in Cortina d´Ampezzo und nun der krönende Abschluss in Kitzbühel, einem Skiort, der vielleicht wie kein zweiter für Glanz und Glorie steht, für Jet-Set und Society.
Homebase
Aurach, mein Navi mahnt mich abzubiegen, hinauf die gewundene Straße auf den Hang, dort wo das prachtvolle Hotel Grand Tirolia gelegen ist, für dieses Wochenende Dreh und Angelpunkt der Abarth Winter Tour 2017.
Beeindruckend ist die Architektur des Hauses, ohne Protz, aber selbstbewußt steht es über dem Tal und verheimlich sogar ein wenig die Größe und Exklusivität der Liegenschaft. Aber ich komme nicht, um zu ruhen oder zu rasten, denn ich bin wie die anderen geladenen Piloten gestochen vom Skorpion, infiziert vom Mythos Abarth.
Vor dem Hotel sind sie schon bereit und warm gefahren, unsere Objekte der Sehnsucht, Abarths der Typen 124 Spider sowie 595er in allen Facetten. Behütet werden die Boliden von Italienern, jungen Männern wie aus der Skulpurenwerkstatt Michelangelos und sonnengebräunten Haudegen, die direkt von der Mille Miglia zu kommen scheinen.
Unsere professionellen Fahrer, Guides und Instruktoren, die uns zu den schönsten Plätzen führen sollen und den nicht unerheblichen Fahrzeugwert, direkt aus Turin importiert, zu schützen trachten.
Es macht nämlich das Gerücht die Runde, dass unsere Schweizer Nachbarn entgegen ihres phlegmatischen Temperaments in Andermatt schwer gewütet, die Berge niedergebrannt und die Stille der Alpentäler entjungfernt haben sollen. Jedenfalls erzählt man sich davon noch heute in Turin.
Zum Warmfahren gerade recht ist der gelbe Abarth 595 mit 145PS und manueller Schaltung, das einzige Modell, das ich noch nicht gefahren bin. Hurtig geht es hinauf zum Pass Thurn, Spitzkehren und längere Beschleunigungsstreifen, gerade recht, um den Swing zu finden, die Sinne zu schärfen und das Vertrauen des jungen Italieners in mein Fahrkönnen zu gewinnen.
So warmgefahren entere ich einen handgeschalteten Abarth 124 Spider, neben wir ein hartgesottener Alpini, der Mann, der offensichtlich in Andermatt am meisten gelitten hatte, ein Überlebender des Schweizer Gebirgsmassakers. Doch flüssige Gangwechsel und viele gute Worte können auch diesen Mann wieder versöhnen und zu Mittag habe ich dann sowohl seine Laune als auch unser Geschwindigkeitsniveau erfreulich gesteigert. Grazie Alpini!
Forsche Kurven machen hungrig, Zeit unseren Weg in den exklusiven Golfclub zu finden, dort wo unser Lunch wartet.
Lunch mit Anneliese Abarth
Highlight unseres Mittagessens ist natürlich das Eintreffen von Anneliese Abarth, Witwe des Karl Abarth und Markenbotschafterin der Brand. Anneliese Abarth ist aber viel mehr, denn sie verkörpert die Marke selbst und ist die unverzichtbare Brücke zwischen der Historie und der Zukunft von Abarth. Durch Zufall wird mir die Ehre zu Teil, das Mittagessen neben Frau Abarth zu genießen und teilzuhaben an ihrer Energie, ihrem Enthusiasmus und ihre wahrlich italienische Lebensfreude, etwas, was man sich offensichtlich aneignen kann.
Neben dem Bezug zum Automobil besticht Anneliese Abarth aber auch im spielerischem Umgang mit sozialen Medien, ihrem Telefonino und dessen Kamera. Offensichtlich wird man als Abarth Fahrerin (Abarth 595 Tourismo Handschalter, und darauf besteht sie!) von Tag zu Tag jünger. Chapeau Anneliese Abarth!
Shootout am Kitzbühler Horn
Noch schnell ein Espresso im Golfclub und ab geht es zum Gasthof Vordergrub, unserem Basecamp für den Nachmittag. Angereichert ist die Fahrzeug Palette noch durch einen fantastischen Abarth 695 Biposto mit dem legendären Dog-Ring Renngetriebe. Ohne Umschweifen sind wir gebrieft und ready to race.
Die Straße auf des Kitzbühler Horn wurde für uns extra zum Racetrack erklärt, ein Verdienst, der sicher auch mit Anneliese Abarth zu tun hat, die in Kitzbühl wohl jeden kennt und so, wie ich sie kennengelernt habe, für die Marke Abarth und den sportlichen Spirit Verständnis finden konnte.
Vor dem Fahren steht aber eine Instruktionsrunde an und der mir zugeteilte Fahrer besticht durch Jugend und explizite Lässigkeit. Die ersten 100 Meter geht des flott, aber moderat dahin. „There are some houses..“ sagt der junge Mann und lässt dann den Hammer fallen, nachdem wir die Häuser passiert haben. Er scheint nur „on“ und „off“ zu kennen. Er trachtet, das Bodenblech mit dem Gaspedal zu durchlöchern. Brüllend stürmt der kleine Spider auf der engen Straße voran, um kurz vor der ersten Kurve von den Brembos brutal zusammengestaucht zu werden. Wie ein Künstler sortiert der junge Mann die Gänge, elegant lenkt er ein und setzt die Maschine wieder auf „on“. Brachiale Beschleunigung, der Heck surft elegant um die Kehre, denn ESP hält der Adonis für eitlen Tand.
So geht es dahin, schneller und eleganter, als ich es jemals für möglich gehalten habe. Mein Selbstvertrauen bekommt einen Kratzer nach dem anderen, aber hey, dieser Mann ist Profi Racer!
Meine Fahrt gelingt dann etwas unspektakulärer, soweit sauber, bis auf die Kehre, in die ich zu schnell komme und am Scheitelpunkt dann einfach zu wenig Leistung habe. Schwann drüber. Ein fantastischer Nachmittag, ein sensationelles Erlebnis mit wirklich coolen Gästen und einem tollen Team aus Turin.
Der Country Club Kitzbühel
Nach dem Kitzbühler Horn heißt es, die Wunden im fahrerischen Selbstvertrauen zu lecken, den Gummiabrieb und das Benzin aus dem Gesicht zu waschen und sich fesch zu machen. Wir fahren ins Epizentrum der High Society, des Geldes und des Jet Sets!
Aber wir kommen als Freunde, denn wir sind Gäste von Anneliese Abarth, die uns zu einem Race Dinner der besonderen Art lädt. Aperitivo im Weinkeller, eine wirklich wunderbar gelungenes Abendessen bester Qualität unter Freunden, denn Abarth Fahrer verbindet die Leidenschaft zum Automobil. Jeder ist willkommen, jede soziale Schicht, jedes Einkommen und jede Nationalität. Eine offene Gesellschaft, fokusiert auf die Legende dieser kleinen leichten Sportwagen, die schon so manchem großen Kaliber das Leben schwer gemacht haben.
Insoferne war der Abend im Country Club auch eine gelungene Analogie, ein charmantes Augenzwinkern von Carlo Abarth und vielleicht der beste Platz, um die Abarth Winter Tour 2017 ausklingen zu lassen.
Grazie Abarth!