Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen, insbesondere dann, wenn es um die Eindrücke eines Fahrzeuges geht. Ja, um Eindrücke, nicht um einen Test deutscher Provenienz, wenngleich alleine der sperrige Name Alfa Romeo Stelvio 2.0 280 PS ATX AWD Super dafür wie geschaffen scheint. Ein Alfa ist aber ein Alfa und muss sich speziellen Kriterien hinsichtlich Stil, Sport und Emotionalität stellen, und das seit 1910.
Sport
Hauptthema eines jeden Alfa Romeos kann nur die Frage sein, wieviel Sport im Fahrzeug steckt. Die Voraussetzungen klingen jedenfalls vielversprechend. Ein 2 Liter Turbo mit 280PS bei 5250U/min und 400Nm bei 2250U/min befeuert den Alfa Romeo Stelvio in fantastischen 5,7 Sekunden auf 100 km/h und lassen den Luftwiderstand erst bei 230 km/h die Oberhand gewinnen.
Man surft also auf einer gediegenen Welle von Drehmoment, bis der Turbo den Marsch bläst und den Stelvio brachial voranschiebt. Besonders auffallend ist die enorme Elastizität des Antriebs beim Herausbeschleunigen aus tempolimitierten Autobahnzonen oder 50 bzw. 70km/h Beschränkungen auf Landstraßen, fein verwaltet über das 8-Stufen Automatikgetriebe, das sowohl über den Automatikwählhebel in der Mittelkonsole, als auch an den Paddles hinter dem Lenkrad geschaltet werden kann.
Und ja, ein großes Lob an Alfa Romeo, die Paddle Shifter sind riesig und fest hinter dem Lenkrad verbaut, genau richtig, um jederzeit ohne einen Gedanken zu verschwenden den nächsten Gang wählen zu können.
Gewicht
Auch haptisch genügen die Paddle Shifter höchsten Ansprüchen, mattes Aluminium verwöhnen die Fingerkuppen, die eben noch das feine Leder des absolut richtig proportionierten Lenkrades fühlen durften. Überhaupt scheint Alfa Romeo ein Großkunde in Ranshofen zu sein. Aluminium im Motor, Aluminium an den Türen, der Motorhaube, Aluminium im Fahrwerk. Hier spielt aber nicht die Liebe zu Österreich die erste Geige, sondern der Kampf um jedes Gramm, das so mancher SUV gegen die Waage verliert. 1735kg Leergewicht sind aber ein Resultat der Aluminiumdiät, ein mehr als respektabler Wert, eine Kampfansage an die die Querkräfte, die konzeptbedingt die Feinde eines jeden SUVs sind.
Gran Turismo
Gran Turismo, eine Bezeichnung, die für mich in idealer Weise das Feeling im Alfa Romeo Stelvio 2.0 280 PS ATX AWD Super beschreibt, auch wenn der Stelvio im ursprüngliche Sinn der Bezeichnung nicht so genannt werden dürfte. Trotzdem ist er ein GT der Neuzeit, zumindest in der von mir gefahrenen Konfiguration. Und ich bin sie gefahren, die große Reise, das, wofür der Stelvio erdacht und gebaut wurde. Rund 1300 km in 3 Tagen, unter verschiedensten Bedingungen, in der Nacht, auf der Autobahn, auf Bergstraßen. Und das in jener Eleganz und Grandezza, die eines Gran Turismos würdig ist, mit sehnigem Köper und einer Leichtigkeit, die der Konkurrenz fast gänzlich abhanden gekommen ist.
Karosserie
Der Alfa Romeo Stelvio 2.0 280 PS ATX AWD Super ist mit seinen 4 Meter 65 und einer Breite von 190cm noch genau in den Dimensionen, die ich in einem Automobil als angemessen erachte. Angenehm üppige Platzverhältnisse auf den Vordersitzen, die durch einen breiten Kardantunnel voneinander getrennt sind, so dass man auch mit nicht intimen Freunden verreisen kann. Großzügig die Kniefreiheit auf der Hinterbank, so dass es weder zwickt noch zwackt.
Der Fahrersitz zieht sich beim Verlassen des Wagens wie ein stummer Diener zurück, so dass die Herrschaft entspannt vom multipel elektrisch verstellbaren Hochsitz rutschen kann, eines der großen Verkaufsargumente eines SUVs, wie man hört. Ich würde das Design des Innenraums als überaus klassisch beschreiben, Drehzahlmesser und Tachometer in Tuben, wieder Aluminium, die Beplankung kann aus unzähligen Mustern und Maserungen bei der Bestellung gewählt werden. Und ganz wichtig: Das Leder riecht nach Alfa, wie es immer nach Alfa gerochen und sich ins kollektive Gedächtnis der Alfisti gebrannt hat.
Die Bedienung gelingt ohne Betriebsanleitung, ohne derer ich so manchen deutschen Konkurrenten wohl nicht einmal in Betrieb setzen könnte. Alleine beim Design des Automatikwählhebels scheint dem Gestalter ein wenig der X-Box Spieltrieb durchgegangen zu sein. Was ich mir wünsche? Natürlich einen klassischen Wählhebel aus – erraten – Aluminium mit einem Ledersack, aber hier scheint wohl mein eigener Konservativismus mit mir durchzugehen.
Zurück zur Moderne. Assistenzsysteme überall, Lane-Assistance, automatisches Fernlicht mit hervorragenden Bi-Xenon Beamern, Parksensoren und Rückfahrkamera, Totwinkel Assistenz oder adaptiver Tempomat, name it. Alles da, was zur Unterhaltung während der Fahrt dient, genauso wie das Multimedia System, das weder Wünsche offen lässt, noch mich vor unlösbare Rätsel stellt.
Zu guter Letzt besitzt der Stelvio einen üppigen Kofferraum mit allen Möglichkeiten für einen flexiblen Lebensstil, inklusive einer elektrischen Heckklappe mit allerlei Sensorik, deren Programmierbarkeit ich mir das nächste Mal (wohl mit der Betriebsanleitung) zu Gemüte führen werde, denn Alfa Romeo heißt vor allem Fahren.
Fahren
Am Ende sind alle Daten Schall und Rauch, alles was zählt ist die Impression, das Gefühl und die Verbindung zwischen Maschine und Mensch.
Ich biege irgendwo im Ennstal von der Schnellstraße ab und visiere das Hotel Höflehner an. Eine Bergstraße 2er oder 3er Kategorie, steil mit Kehren, eng und sexy curvy. Hier kommt nun der DNA Schalter zu tragen, den ich mit einem leisen Klick in die Position D drehe, D wie Dynamik, D wie Drive. Die Systeme sind geladen und entsichert und ich ziehe den Trigger durch.
Die 400 Nm stürzen sich auf die Hinterräder, wo mächtige 20 Zöller im der Breite 255 mit dem Querschnittsverhältnis 45 ihres Amtes walten, denn der Stelvio ist als Hecktriebler ausgelegt, der bis zu 60% seiner Kraft auch auf die Vorderräder leiten kann, wenn er will oder muss. Aber Alfa Romeo ist und bleibt Heckantrieb, eine Wahl der Tradition und der sportlichen Gene. Der Alfa Romeo Stelvio 2.0 280 PS ATX AWD Super scheint proportional zur Geschwindigkeit zu schrumpfen, je schneller du fährst, desto kleiner und quirliger wird der GT, Entschuldigung SUV. Eine erste Kehre, direkt und leicht lenkt der Wagen ein, pedal to the metal und alle vier Pirellis verkrallen sich im Asphalt, kurz merkt man, wie die CPU alle Variablen optimiert, in Vortrieb transformiert. Das hat Klasse, das hat Stil, ein wahres Tier vor dem Herrn.
Aber der Stelvio kann auch anders, genauso, wie es einem Gran Turismo eben in die Wiege gelegt wird. Gröbming, 2100 Uhr. Ich habe 13 Stunden einen Alfa Romeo 1600 Spider Duetto aus dem Jahr 1966 getrieben. 430 km volle Kanne durch den Tann der Ennstal-Classic 2018. Ich bin müde und brauche einen Babysitter für die nächsten 250km zurück nach Wien. Ich schärfe alle Assistance Systeme und gleite in das duftende Leder von Mama Stelvio. Ich fühle mich geborgen, gekühlt und umschmeichelt. Ich weiß jetzt, warum man gutes Geld für einen guten Wagen ausgibt, wenn man Vielfahrer ist, jemand, der einen Teil seines Lebens auf den Straßen der Welt verbringt. Ich klicke zurück, von D wie Dynamik auf N wie Neutral, heute Abend N wie Nanny. Das A für Advanced Efficiency hatte ich übrigens nur 30 Sekunden im Einsatz, denn nicht die Genügsamkeit treibt mich, sondern 280 saftige Pferdestärken.
Der Wagen gleitet durch die Nacht. Die Xenon Beamer leuchten mir den Weg durch das Mur- und Mürztal, nur kurz unterbrochen vom Bling-Bling des Navigationssystems, das mich vor Fallen der Verwaltungsbehörde warnt, vom Bruuum-Bruuum der Lane Assistance, wenn ich einen Schatten der Nacht geschnitten habe. Wunderbar gedämpft der 2 Liter Turbo, leise und gleichmäßig und die „Eagles“ intonieren „Hotel California“ mit dem wohl entzückendsten Gitarrensolo, nein Duett, der Rockgeschichte.
Fazit
Mehr braucht kein Mensch. Vielleicht der ideale Schnittpunkt zwischen Sport und Ulitility. Ausgewogen in Größe, Gewicht und Speed. Bezauberndes Design trifft Kraft und Agilität. Für mich der Gravitationspunkt, wenn man einen SUV fahren will. Und bitte, keine Diskussionen über den Turbo-Benziner. Oder trinkst du billigen Wein?
Danke für die Kooperation mit FCA-Austria und Alfa Romeo Austria.